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Sport: Plötzlich im Wahlkampf

Politiker kritisieren: „Hoeneß ist kein Vorbild“.

Berlin - Am Dienstag spielt Bayern München im Champions-League-Halbfinale gegen den FC Barcelona. Da kommt es höchst ungelegen, dass der Vereinspräsident in Bayern plötzlich zum Wahlkampfthema wird. Nach der Selbstanzeige von Uli Hoeneß übten SPD und Linkspartei heftige Doppelkritik: an dem Sportfunktionär und an Bayerns Steuerpolitik.

Bei der Steuerfahndung hinke Bayern allen anderen Bundesländern hinterher, sagte die steuerpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Barbara Höll, dem Tagesspiegel. Und Bayerns SPD-Chef Florian Pronold nannte Landesfinanzminister Markus Söder (CSU) einen „Schutzpatron der Steuersünder und Steuerhinterzieher“. Söder weigere sich nicht nur, Steuer-CDs zu kaufen „aus der Angst heraus, dass es dann zu viele CSU-Mitglieder wie Hoeneß trifft“, sagte Pronold. Er äußere auch offen Verständnis für diejenigen, die ihr Geld ins Ausland schafften. „In Bayern gibt es eine Tradition, den oberen Zehntausend bei der Steuerhinterziehung zu helfen – zumindest, indem man nichts dagegen unternimmt“, sagte Pronold. Die CSU rühme sich dessen sogar und verkaufe dies „als Standortvorteil“.

Laut Pronold sind in Bayern derzeit 1500 Stellen für Steuerfahnder und Betriebsprüfer unbesetzt. Das seien 40 Prozent. Söders Ankündigung, 500 zusätzliche Stellen zu schaffen, sei angesichts dessen ein „Tropfen auf den heißen Stein“. Es sei nicht mal gesagt, dass die Aufstockung die altersbedingten Abgänge ausgleiche. Nach einer bundesweiten Steuerfahndungsstatistik von 2011 kamen auf 100 000 Steuerpflichtige in Bayern nur 29 Fahndungsprüfungen. In Rheinland-Pfalz dagegen waren es 157.

Hoeneß, der im Sport für sich immer eine Vorbildfunktion reklamiere, habe das Nichtstun der CSU ausgenutzt und bewiesen, „dass er keineswegs ein Vorbild ist“, sagte Pronold. Steuerhinterziehung sei „kein Kavaliersdelikt“. Der Bayern-Präsident habe nach dem Prinzip gehandelt, dass der Ehrliche der Dumme sei und „bis zuletzt abgewartet, ob er nicht noch davonkommt“. Wenn die SPD das Abkommen mit der Schweiz nicht blockiert hätte, so der SPD-Chef „hätte er mit einem billigen Ablasshandel seinen Schein wahren und weiter das Vorbild spielen können“.

Auch Höll verwies auf die Doppelmoral des Bayern-Präsidenten. Dieser habe „oft genug den moralischen Zeigefinger erhoben“. Der Fall zeige aber auch die Notwendigkeit, „bei der Steuerfahndung bundesweit mehr zu tun“. Die Bundesregierung müsse darauf achten, „dass in allen Ländern der Steuervollzug gleichermaßen gewährleistet ist“. Über einen entsprechenden Antrag der Linken diskutiert der Bundestag am kommenden Freitag. Enthalten ist darin auch die Forderung, dass Bundesbürger hierzulande unbeschränkt steuerpflichtig sind, egal wo sie ihren Wohnsitz haben. In Sachen Steuerflucht, so Höll, habe sich der FC Bayern ja bereits mit seinem Ehrenpräsidenten Franz Beckenbauer hervorgetan. Rainer Woratschka

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