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Foto: Mike Wolff

© AFP

Sport: „Politiker scheinen ein Problem mit Golf zu haben“

Marco Paeke über den Sport in Deutschland zwischen Öffnung, Freizeitboom und Nachwuchssorgen.

Herr Paeke, verglichen mit anderen Sportarten hat Golf in Deutschland einen miserablen Ruf. Gleichzeitig wächst hierzulande keine Sportart so stark. Wie passt das zusammen?

Das ist in der Tat erstaunlich. Golf entwickelt sich sogar gegen den gesellschaftlichen Trend. Die Menschen wollen sich heute auch in ihrer Freizeit immer seltener binden, sie wollen mal hier und mal da etwas ausprobieren, nur keine Mitgliedschaft. Deshalb verlieren fast alle Sportarten Mitglieder. Golfer gibt es aber immer mehr.

Gibt es dafür eine Erklärung?

Der Markt hat sich klug differenziert. In der Vergangenheit bedeutete Golf immer, 18 Löcher zu spielen. Das hat viel Zeit und Geld gekostet. Heute sind die in Stadtnähe gelegenen öffentlichen Neun-Loch-Plätze sehr erfolgreich. Eine Runde kostet 25 Euro, in einer Stunde und 45 Minuten ist man fertig und fährt wieder nach Hause. Das spricht natürlich mehr Menschen an als früher. Manche Golfanlagen sind gleichzeitig aber noch exklusiver geworden. Ich kann mir also aussuchen, ob es das Filet sein soll oder die Currywurst mit Pommes.

Currywurst-Golf klingt nicht sonderlich erhaben. Kommt dem Golf das Exklusive langsam abhanden?

Als ich vor 20 Jahren als Student mit meinem Honda Civic auf den Clubparkplatz gefahren bin, war ich dort absoluter Außenseiter. Diese exklusive Welt hat sich sicher geöffnet.

Deutschland wollte den Ryder-Cup 2018 ausrichten, scheiterte aber mit seiner Bewerbung. Bernhard Langer beklagte sich anschließend über mangelnde Unterstützung durch die Politik. Haben wir zu wenige Politiker, die Golf spielen?

Nein, es gibt nur zu wenig golfende Politiker, die es offen einräumen.

Ach so? Dann nennen Sie bitte ein paar Namen. 

Das sage ich nicht. Seltsamerweise scheinen deutsche Politiker damit ein Problem zu haben. Ich verstehe das nicht. Barack Obama spielt auch Golf und verliert dadurch nicht an Ansehen.

Deutschlands bester Golfer Martin Kaymer war schon Weltranglistenerster und hat bei Facebook gerade mal 9837 Freunde. Der Turner Marcel Nguyen hat 22-mal so viele. Wird Golf in Deutschland unter Wert verkauft?

Die meisten Golfer spielen lieber selbst, als anderen dabei zuzuschauen, auch wenn es sich um die hochrangigsten Turniere handelt. Außerdem ist die Zeit eines Boris-Becker- und Steffi-Graf-Hypes vorbei. Selbst wenn wir drei Golfer hätten, die alles gewinnen, würde das wohl keinen riesigen Effekt haben. Die Hemmschuhe Zeitaufwand und finanzieller Aufwand bleiben ja.

In keinem Land in Kontinentaleuropa spielen so viele Menschen Golf wie in Deutschland. Warum gibt es trotzdem mehr Italiener oder Schweden auf der Tour?

Das ist das Aufregerthema in der deutschen Golfszene. Ein Problem ist, dass offenbar nur wenige den Traum haben, Berufsgolfer zu werden. Der Weg nach oben ist beim Golf wahnsinnig hart und hat viel mit Glück zu tun. Mancher denkt sich da, das Geld lässt sich anderweitig sicherer und bequemer verdienen. Ein anderer Nachteil ist, dass die meisten Plätze in Deutschland viel zu leicht sind und nichts mit den anspruchsvollen Plätzen internationaler Turniere zu tun haben.

Das Gespräch führte Arne Bensiek.

Marco Paeke, 43, ist Geschäftsführer der Vereinigung clubfreier Golfspieler im Deutschen Golf Verband (DGV). Der Berliner betreibt außerdem eine Unternehmensberatung.

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