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Geschafft! Vor einem Jahr lief Jan Fitschen in Frankfurt seine persönliche Marathon-Bestzeit. Foto: dapd

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Profiläufer im Drittberuf: Der beste Deutsche beim Berlin-Marathon

Er ist ja immer noch der Neuling, der Mann mit der geringen Erfahrung auf der Marathondistanz. Heute will Jan Fitschen, der beste Deutsche im Starterfeld, seinen dritten Marathon überstehen.

Natürlich blickt Geoffrey Mutai an diesem einen Punkt auf die Uhr, oder er lässt sich die Zwischenzeit zubrüllen. Und wenn dann irgendjemand schreit: „61:40“, wenn das also Mutais Zwischenzeit genau bei Hälfte der Strecke ist, dann ist der Kenianer zufrieden. Dann weiß er, dass er im Plan liegt. Er will ja den Weltrekord, er will beim Berlin-Marathon die 2:03:38 Stunden seines Landsmanns Patrick Makau unterbieten.

Jan Fitschen lässt sich natürlich auch seine Halbmarathonzeit zubrüllen, er wird sie lange nach Mutai hören, er wird dann auch ein wenig in sich gehen. Ist das okay so? Bin ich zu langsam? Oder: Muss ich ein wenig abbremsen? Aber er hat dabei keinen Stress wie Mutai, er hat keinen exakt festgelegten Zeitplan. Jan Fitschen vom TV Wattenscheid will nur einigermaßen gut über die Runden kommen. „Bei der Halbmarathonmarke werde ich erst mal schauen, was passiert.“ Eines wird allerdings bis dahin bestimmt nicht passiert sein: „Ich werde ganz sicher nicht wie verrückt das Rennen angehen“, sagt er.

Er ist ja immer noch der Neuling, der Mann mit der geringen Erfahrung auf der Marathondistanz, der Mann, der erstmals im Mai 2011 einen Marathon absolvierte, der in seinem zweiten Marathon seine Bestzeit von 2:15:40 Stunden aufgestellt hat. Und mehr als zwei Marathonrennen hat er nicht überstanden. Aber schneller als 2:15 Stunden soll es heute schon sein. „2:15, das ist nicht das, was ich mir vorstelle“, sagt Fitschen. Marathon ist seine Strecke, das hat er erkannt. Es ist ja nicht ungewöhnlich, er ist jetzt 35, er hat alle Strecken durch, von den 800 Metern bis zu den 10 000 Metern. Seine Bestzeit über 800 Meter steht bei 1:51 Minuten, über 10 000 Meter ist er 2006 sensationell Europameister geworden. Je älter er wird, umso länger seine bevorzugte Renndistanz, das ist normal in der Laufszene. „Ich habe den üblichen Weg gemacht“, sagt Fitschen. „Aber es gibt ja auch andere Wege.“

Den von Anna Hahner zum Beispiel. Die ist 22 Jahre alt und hat in ihrem ersten Marathon gleich 2:30:14 Stunden erreicht. „Was die bei ihrem Debüt abgefackelt hat, war schon richtig klasse“, sagt Fitschen. Inzwischen wechseln immer öfter junge Läufer und Läuferinnen gleich auf die Marathondistanz, ohne den Umweg über die Bahn. Das hat natürlich, vor allem für kenianische oder äthiopische Läufer, finanzielle Gründe. Beim Marathon kann man viel Geld verdienen.

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Fitschen verdient ordentlich in seinem Sport, das sagt er. Er ist Diplomphysiker und Master of Science in Wirtschaftswissenschaften, aber „Profiläufer ist mein dritter Beruf“. Dafür investiert er viel. Rund 220 Kilometer trainiert er pro Woche. Allerdings hatte Fitschen seinen Körper auch systematisch auf diese Belastung vorbereitet. „Auch als ich 10 000-Meter-Läufer auf der Bahn war, habe ich rund 200 Kilometer pro Woche trainiert, insofern hat sich da nicht so viel geändert.“ 220 Kilometer pro Woche, das bedeutet übersetzt aber auch: Laufen bestimmt seinen kompletten Alltag, höchstens zwei oder drei Wochenenden pro Jahr hat er frei.

Allerdings gibt es da auch ein kleines Problem: „Man kann halt höchstens zwei Marathons im Jahr absolvieren, und wenn man einen versemmelt, dann ist das schon hart.“ Auf der Bahn ist das ein wenig anders, ein 10 000-Meter-Läufer kann pro Saison öfter starten als nur zweimal. Deshalb war es, sagt Fitschen, ja auch „schon sehr hart“, als er im Frühjahr beim Marathon in Düsseldorf bald nach dem Start muskuläre Probleme bekam und nach 24,5 Kilometern aussteigen musste. Vor allem war es das Rennen, bei dem er sich für die Olympischen Spiele qualifizieren wollte.

London hat er verpasst, deshalb kann er in Berlin starten. Für ihn hat dieses Rennen spezielle Bedeutung. Als 16-Jähriger hatte er hier seinen Trainer angefeuert, der sich über den Kurs quälte. „Gerade in Berlin zu laufen, ist schon etwas ganz Besonderes“, sagt Fitschen.

Aber kein Platz für wilde Abenteuer. „Ich werde bestimmt nicht versuchen, mit 2:10 oder solchen Klamotten ins Ziel zu kommen.“ Er wird bei der Halbmarathonzwischenzeit schon sehen, was nun passieren muss.

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