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Rafael Nadal jubelt über seinen Einzug ins Finale der Australian Open. Dort kann er seinen 21. Grand-Slam-Titel holen.

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Update

Rafael Nadal im Finale der Australian Open: Aus Liebe zum Tennis

Rafael Nadal ist ohne große Erwartungen zu den Australian Open gereist. Nun steht er im Finale und trifft dort auf den Russen Daniil Medwedew.

Rafael Nadal hat in seiner mittlerweile bald zwei Jahrzehnte währenden Karriere als Tennisprofi schon viele großartige Geschichten geliefert. Doch die vergangenen knapp vier Wochen in Melbourne dürften für ihn persönlich mit zu den schönsten in seiner erfolgreichen Laufbahn zählen. Am Freitag zog der 35 Jahre alte Mallorquiner durch ein 6:3, 6:2, 3:6, 6:3 gegen Matteo Berrettini ins Finale der Australian Open ein. Dort trifft er am Sonntag (9.30 Uhr/Eurosport) auf den Russen Daniil Medwedew, der im zweiten Halbfinale 7:6 (7:5), 4:6, 6:4, 6:1 gegen Stefanos Tsitsipas aus Griechenland gewann.

„Es gab Momente, wo ich nicht sicher war, es zurück auf die Tour zu schaffen. Aber jetzt bin ich hier“, sagte Nadal nach seinem Triumph, den er noch zu Beginn des Jahres selbst nicht für möglich gehalten hatte. Nach monatelangen Problemen mit dem Fuß hatte sich Nadal Ende Dezember bei seinem Comeback-Turnier in Abu Dhabi auch noch mit dem Coronavirus infiziert. Trotz Impfung lag er anschließend vier Tage im Bett und war danach „körperlich zerstört“, wie er selbst zu Beginn der Australian Open erzählte.

Dort galt er anfangs nicht unbedingt als einer der Topfavoriten, obwohl er ein Vorbereitungsturnier in Melbourne zuvor gewonnen hatte. Doch die Zweifel waren immer noch da. Hält der Fuß? Gibt es wieder einen Rückfall? „Ich hatte viele herausfordernde Momente – viele Tage mit harter Arbeit, ohne ein Licht zu sehen“, sagte er. Manchmal habe er gar nicht trainieren können, manchmal 20 oder 45 Minuten. Mit seinem Team und seiner Familie sei es in Gesprächen in dieser Zeit auch darum gegangen, ob er mit dem Tennis aufhören sollte.

Viele andere hätten das angesichts der langen Erfolgsliste und des fortgeschrittenen Alters vielleicht getan, aber Nadal treibt eine ganz besondere Motivation an. Es ist nicht die, um jeden Preis den 21. Grand-Slam-Titel zu gewinnen – das sei vielleicht für den Sport oder die Geschichtsbücher spannend. Für ihn gehe es stattdessen um etwas anderes: „Für mich ist es noch viel wichtiger, überhaupt wieder Tennis zu spielen. Denn das ist es, was ich gerne tue“, sagte Nadal.

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Tatsächlich zeichnet Nadal – wie auch seinen großen Rivalen Roger Federer – diese besondere Liebe zum Spiel aus. Es erscheint fast paradox in einem Sport, in dem so manche Helden der Vergangenheit dem Zirkus gar nicht schnell genug entfliehen konnten. Björn Borg war Tennis irgendwann zu viel, Andre Agassi hat es zwischenzeitlich sogar gehasst und Boris Becker war am Ende seiner Karriere ein körperliches Wrack.

Nun gehört zur Wahrheit des australischen Nadal-Wunders auch die Tatsache, dass er davon profitiert hat, dass ein Novak Djokovic sich mit seiner Impfverweigerung im Vorfeld selbst aus dem Turnier nahm. Dass ein Alexander Zverev seine Form nicht über den Jahreswechsel konservieren konnte und dass Nadal auch sonst ein bisschen Glück hatte in Melbourne. Nach seinem anstrengenden anstrengenden Viertelfinale gegen den Zverev-Bezwinger Denis Shapovalov, in dem Nadal mit Magenproblemen zu kämpfen hatte, durfte er sich zwei Tage erholen. Und das Halbfinale am Freitag fand nicht bei Sonne und 35 Grad am späten Nachmittag unter freiem Himmel statt, sondern wegen Regens in der angenehm klimatisierten Rod-Laver-Arena.

Nadal wusste nicht, ob er überhaupt auf die Tour zurückkehrt

Und doch gibt es wenige, die Nadal den Finaleinzug nicht gönnen würden. Gerade in Australien, wo er zwar 2009 auf spektakuläre Weise den Titel in Melbourne gewann, anschließend aber vier weitere Finals verlor – und damit genauso viele Niederlagen einsteckte wie in seinen 24 anderen Grand-Slam-Endspielen zusammen. 2012 führte er im Marathon-Duell mit Novak Djokovic schon 4:2 im fünften Durchgang, 2017 gegen Roger Federer ebenfalls im Entscheidungssatz 3:1. Und 2014 stoppte ihn gegen Stan Wawrinka eine Rückenverletzung. Einzig 2019 war er erneut gegen Djokovic chancenlos – es war das einzige Major-Finale, in dem er keinen Satz gewinnen konnte.

Nun klopft Nadal noch einmal an und könnte als erst vierter Spieler bei den Männern alle vier Grand Slams mindestens zweimal gewinnen. „Wenn das nur so wenige geschafft haben, dann zeigt es ja, wie schwierig es ist“, sagte Nadal dazu feinsinnig. Mit Willen und Leidenschaft hat er sich noch einmal in die Position gebracht, das schaffen zu können. Dazu kommt eine gehörige Portion Demut, denn auch das zeichnet Rafael Nadal aus. Anders als ein Novak Djokovic nimmt er sich selbst nicht zu wichtig.

Und so relativierte er das, was er in den vergangenen Monaten durchmachen musste am Freitag noch einmal. „Im Vergleich zu dem, was andere Menschen in diesen Zeiten erlebt haben, ist das mit meinem Fuß kein bisschen hart gewesen“, sagte er und ergänzte: „Mir geht es gut, ich kann mich nicht beschweren.“ Denn – und das weiß ein Rafael Nadal gut einzuordnen – er ist nur ein Tennisspieler. Allerdings einer der größten in der Geschichte seines Sports.

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