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Sport: Rückkehr aus einer anderen Welt

Volleyballstar Hübner spielt wieder in der Halle „Ich muss jetzt in der Halle quasi neu anfangen.“ Stefan Hübner, Nationalspieler

Berlin - Mit der Geduld ist das so eine Sache bei Stelian Moculescu. Der Vereinstrainer Moculescu hat eher wenig Geduld mit seiner Volleyball-Mannschaft. Er sammelt reihenweise Titel, derzeit mit dem VfB Friedrichshafen, da erwartet er ständig Topleistungen. Der Bundestrainer Moculescu aber steht in der Berliner Sömmeringhalle und sagt eher gelassen: „Ich warte auf den Urknall.“ Auf den Knall, der durch die Szene dröhnt als Symbol der großen Leistungssteigerung der deutschen Mannschaft und der Moculescu zeigt: Ich bin am Ziel. Wenn die Deutschen mal mehrfach Weltklasseteams besiegen, wenn das Team 2008 zu den Olympischen Spielen darf und dort auch mal auftrumpft, dann wohl ertönt der Urknall. Die Mannschaft hat es drauf, will Moculescu sagen. Sie ist für die WM im November in Japan qualifiziert, das ist ja schon mal was.

In der Europaliga allerdings wird der Urknall jedenfalls in diesem Jahr nicht mehr zu hören sein. Beim Vorrundenspieltag in Berlin hat Moculescus Team Estland und Kroatien zwar jeweils 3:0 besiegt, aber durch ein 2:3 (25:19, 23:25, 25:20, 22:25, 11:15) am Sonntagabend gegen Holland die Finalrunde in Izmir in der Türkei verpasst. Dort spielt nun Griechenland, das zeitgleich in einer anderen Gruppe den Finaleinzug perfekt machte.

Zum Urknall fehlt es noch an vielem, am Block, an der Qualität im Angriff, an den Aufschlägen, am variablen Spiel. Aber Stefan Hübner ist wieder im Team, mit ihm wird die Chance auf den Urknall größer. Er ist ja nicht bloß einer der weltbesten Mittelblocker, „er ist der Leader“, sagt Moculescu, „der beste deutsche Spieler. Er kann die anderen führen“. Von den anderen im Team spielen schon sechs in Italien, dem Volleyball-Topland, das zeigt ihre Klasse und die Perspektive der Mannschaft. Aber die meisten Italien-Legionäre sind noch jung, sie brauchen einen, der sie dirigiert. Einen wie Hübner, 31 Jahre alt, viermal Deutschlands „Volleyballer des Jahres“, fünf Jahre in Italien, dort in der Saison 2001/2002 bester Blocker der ersten italienischen Liga. In der neuen Saison spielt er wieder in Trento, dem Klub, den er 2005 verlassen hat.

Dazwischen lag das Leben des Beachvolleyballers Stefan Hübner.

Er konnte nicht mehr im Sommer 2005. Er hatte keine Kraft mehr, sich nach Verletzungen wieder heranzukämpfen. Sie wollten ihn zum Kapitän machen in der neuen Saison in Trento, er sagte: „Löst den Vertrag auf.“ Er wollte zum Beachvolleyball, eine neue Herausforderung, weg vom Druck in Italien. Vier Monate brauchte er als komplette Pause, da machte er gar nichts. Dann begann das Beach-Training, und nach einer Woche kam das Tief. Der Weltklasse-Volleyballer Hübner spürte, dass er im Beach in einer anderen Welt lebte. Er musste mehr zuspielen, mehr annehmen, neue Bewegungsabläufe lernen. Sieben Wochen war er mit seinem Partner Thomas Kröger in Brasilien zum Training, dort stabilisierte er sich allmählich. Aber danach war Kröger oft verletzt, Hübner wusste nicht, ob er einen neuen Partner benötigen würde, er vermisste auch den Teamgeist einer Hallen-Mannschaft. Sein Berater signalisierte den Klubs in Italien: Hübner steht wieder bereit. Trento nahm ihn sofort.

Aber keiner geht zum Beachvolleyball, ohne sich zu verändern. „Ich muss jetzt in der Halle quasi neu anfangen“, sagt Hübner. Der Block, das Zuspiel, viele Bewegungsabläufe, in diesen Punkten, sagt Hübner, müsse er sich wieder umstellen. Er ist ein Leader, ohne Zweifel, aber er braucht auch seine Zeit, um seine Rolle wieder richtig auszufüllen. Doch ohne ihn, das steht auch fest, würde es mit dem Urknall noch länger dauern. Vor allem gegen Kroatien spielte er sehr gut im Block. „Ich habe es vorausgesehen, dass er zurückkommt“, sagt Moculescu.

Es ist ein anderer Hübner, der zurückkommt. Einer, der nicht mehr stets „Vollgas gibt im Training“ und vielleicht auch deshalb so oft verletzt war. Der neue Stefan Hübner beschäftigt sich intensiv mit Ernährung und dosiert seine Kraft. „Ich träume davon, dass ich noch vier, fünf Jahre spielen kann und dass ich bei Olympia auftreten kann.“

Der Urknall. Niemand weiß, ob und wenn ja, wann er kommt. Aber Moculescu sagt: „Es kann auch schnell gehen.“

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