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Schach: Fortschritt bringt Misstrauen

Störsender sollen Betrug im Schach verhindern.

Berlin - Der Zweifel sitzt vielerorts mit am Schachbrett. Wo jegliche Kontrollen fehlen, liegen berechtigte Angst vor Betrug und Paranoia eng beieinander. Wie eng, offenbarte sich am Sonntag in Moskau, als der Weltklassemann Schachrijar Mamedjarow unter Protest vom Turnier zurücktrat, nachdem er gegen einen russischen Großmeister verloren hatte. Mamedjarow unterstellte seinem jungen Gegner Betrug. Beweise hatte er keine. Bloß ein ungutes Gefühl. Während der Partie bat er den Schiedsrichter, die Live-Übertragung im Internet zu unterbrechen. Ohne Erfolg. Ein Fall von Paranoia? Live-Übertragungen sind gut für Kiebitze in aller Welt, aber sie bergen auch eine Gefahr: Spieler mit krimineller Energie bräuchten zum Betrug bloß einen Komplizen, der am Computer die Partie verfolgt, dazu ein bluetooth-fähiges Handy und einen unsichtbaren Knopf im Ohr.

Anders als in Moskau gibt es zurzeit in Sofia strenge Kontrollen. Es steht viel auf dem Spiel zwischen dem Bulgaren Wesselin Topalow und dem US-Amerikaner Gata Kamsky: Der Sieger wird Herausforderer von Weltmeister Viswanathan Anand. Vor der vorletzten Partie führt Topalow, die Nummer 1 der Weltrangliste, mit 3,5:2,5 Punkten. Um jeden Zweifel auszuschließen, hatte Kamsky vor dem Kampf durchgesetzt, dass ein Störsender einen Handy-Empfang im Spielsaal verhindert. Und Silvio Danailow, Topalows Manager, mutmaßte, ein Agent des israelischen Geheimdienstes Mossad gehöre zu Kamskys Team. Emil Sutovsky, ein israelischer Großmeister, der Kamsky sekundiert, widersprach: „Wir haben einen technischen Experten dabei, aber er hat nichts mit dem Mossad zu tun.“

Bei WM-Kämpfen wird bereits streng kontrolliert, bei den meisten Topturnieren jedoch nicht. Dabei wünschen sich nahezu alle Profis Schutzmaßnahmen. Und sei es nur eine kostengünstige, aber wirksame Methode wie bei den Dortmunder Schachtagen: Dort werden die Partien um 15 Minuten zeitversetzt im Internet übertragen. Dies hat auch Anand gegenüber dem Weltschachbund Fide für das Regelwerk angeregt. Die Fide-Funktionäre sagen, sie prüfen den Vorschlag noch. In der Zwischenzeit, ist zu befürchten, wächst das Misstrauen weiter.

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