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Selbstbewusst beim Amtsantritt. "Ich leite die Trainingseinheiten selbst - ich bin Coach", sagt Schalkes neuer Trainer Roberto die Matteo.

© dpa

Schalkes neuer Trainer: Roberto di Matteo: Fortbildung für Kurzarbeiter

Bei seinem neuen Klub Schalke 04 muss Trainer Roberto Di Matteo beweisen, dass er auch eine langfristige Lösung sein kann.

Die Meinungen gingen auseinander. Dunkelblau oder doch eher schwarz? Abschließend ließ sich die Frage nach der Anzugfarbe zwar nicht klären, doch Roberto Di Matteo sendet mit seiner Maßkleidung eine klare Botschaft aus: Die Zeiten des Trainingsanzugs bei offiziellen Anlässen, wie sie Jens Keller und auch schon dessen Vorgänger Huub Stevens bei diesen Gelegenheiten häufig bevorzugten, sind erst einmal vorbei. Zumindest in Sachen Kleiderordnung scheint in Gelsenkirchen eine neue Zeitrechnung begonnen zu haben.

Der 44-Jährige, der einen Vertrag bis 2017 erhalten hat, war gestern, nachdem Keller tags zuvor beurlaubt worden war, zu seinem ersten Arbeitstag beim FC Schalke 04 angetreten. Und in dem selbst ernannten Arbeiter- und Malocherklub hinterließ Di Matteo einen eloquenten und eher weltmännischen Eindruck. Am Morgen lernte der gebürtige Schweizer und frühere italienische Nationalspieler zunächst die Gegebenheiten in Gelsenkirchen kennen, danach stellte er sich der Mannschaft vor. „Es gibt nur einen Boss“, ließ er die Spieler wissen. Wie er sich die Zusammenarbeit vorstellt, darüber informierte er die Öffentlichkeit: „Wir müssen an der Ordnung der Mannschaft arbeiten. In der Defensive hat sie sicher einige Probleme. Es kommt viel Arbeit auf mich zu.“

Di Matteo sagt: "Meine Mannschaften haben immer viele Tore geschossen"

Das Wort Defensive, von Di Matteo ausgesprochen, dürfte allerdings manch einem Fußballfan einen Schrecken einjagen. Mit dem FC Chelsea, für den er acht Monate tätig war, gewann er als Coach 2012 die Champions League gegen den FC Bayern. In einem denkwürdigen Spiel, bei dem intensive Abwehrarbeit eher eine freundliche Beschreibung einer vollständig destruktiven Haltung seiner Mannschaft war. „Das war nur ein Spiel und eine Taktik, um diese eine Partie zu gewinnen“, sagte er gestern. „Wer meine Mannschaften beobachtet hat, der sieht, dass wir immer viele Tore geschossen haben.“

Allerdings müssen alle Historiker die Chroniken etwas weiter zurückblättern, um dieses Thema genauer zu beleuchten. Di Matteos bisherige Trainerstationen liegen bereits etwas längere Zeit zurück. Vor dem FC Chelsea trainierte er nur den englischen Drittligisten MK Dons sowie den Zweitligisten West Bromwich Albion. Bei keinem Verein blieb er dabei wirklich lange. Mit den MK Dons verpasste der ehemalige Chelsea-Verteidiger 2008 nach einer gelungenen ersten Saison nur knapp den Aufstieg. Nach der Saison war Di Matteo dann schon wieder weg: Er nahm ein Angebot von West Bromwich Albion an.

Auch dort hatte Di Matteo im ersten Jahr Erfolg und stieg in die Premier League auf. Unter „Robby“ spielte Albion einen neuen, schönen Fußball. Dann kamen die ersten Probleme nach dem Blitzstart in die Trainerkarriere. Nach 13 Niederlagen in 18 Spielen wurde der Italiener im Februar 2011 entlassen. Auch bei Chelsea durfte er nicht lange wirken. Der Eigentümer Roman Abramowitsch hatte ihn im Juni 2011 als Assistent für André Villas-Boas verpflichtet. Nach dessen Entlassung stieg Di Matteo im März 2012 zum Trainer auf. Binnen drei Monaten führte er Chelsea zum Titel im FA-Cup und zum Sieg in der Champions League gegen den FC Bayern.

Für seine Arbeitsweise erhielt Di Matteo zuletzt Lob von Medien und Spielern

Doch der Höhenflug Di Matteos währte nicht lange. Für seine Arbeitsweise, seinen respektvollen Umgang mit Medien und Spielern und für seine Taktik bekam er viel Lob. Allerdings nicht von seinem Chef. Schon direkt nach dem glorreichen Abend in München machte sich Abramowitsch daran, Pep Guardiola als Trainer zu holen. Er schaffte es nicht, und Di Matteo durfte weitermachen – bis November. Nach dem misslungenen Saisonstart verlor er seinen Job. Ein Kritikpunkt, der auch in West Bromwich an ihm geäußert wurde: Er habe wenig Kontrolle im Umgang mit großen Spielerpersönlichkeiten. Das muss er bei Schalke widerlegen.

Die Zwischenzeit nach seiner Freistellung in Chelsea im November 2012 habe er genutzt, um sich fortzubilden, erklärte Di Matteo nun. Kurse zum Thema Führungspersonal und im Bereich Social Media habe er besucht und „ganz viel Fußball gesehen. Denn ich bin ein bisschen Fußball-verrückt“, sagte er. Di Matteo hatte sich allerdings gut auf seinen Premierentag vorbereitet. Er lobte pflichtschuldig die „tollen Fans in einem großen Verein“ und auch der sehnlichste Wunsch sämtlicher Schalker, den Gewinn der Meisterschaft, war ihm durchaus bekannt. „Ich weiß, dass es den gibt, aber darüber möchte ich noch nicht sprechen. Dafür braucht es etwas Zeit, um etwas aufzubauen“, sagte er.

Informiert über seinen neuen Klub hatte sich Di Matteo unter anderem bei seinem ehemaligen Mitspieler aus Schaffhausen, Joachim Löw. „Ich bin seit 24 Jahren im Fußballgeschäft als Spieler und Trainer tätig. Da kennt man viele Leute“, sagte er. In den nächsten Tagen werde er erst einmal die Mitarbeiter auf der Schalker Geschäftsstelle und vor allem seine neue Mannschaft gemeinsam mit seinem neuen Trainerteam kennenlernen. „Ich führe die Trainingseinheiten persönlich, ich bin ein Coach“, sagte Di Matteo.

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