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Der Star und der Machthaber. Lamine Diack beim Plaudern mit Usain Bolt.

© AFP

Scheidender IAAF-Präsident: Lamine Diack: Nur ein Machtspielmeister

Lamine Diack hat den Abstieg der Welt-Leichtathletik nicht verhindern können. Es sah so aus, als würden dem 82 Jahre alten Senegalesen Machtspiele weit mehr Spaß machen. Jetzt tritt der Präsident ab.

Die Leichtathletik hat die Ehrenrunde erfunden. Für die Sieger. Und die, die Abschied nehmen. Ihr höchster Repräsentant dreht auch gerade seine letzte Runde. Aber wer sollte ihm schon zujubeln, außer vielleicht ein paar Verbündeten? In seinen letzten Tagen als Präsident des Internationalen Leichtathletik-Verbands (IAAF) fliegt Lamine Diack einiges um die Ohren. Es geht wieder um die hässliche Seite der Leichtathletik. Um Doping und wie sich diese Seuche halbwegs eindämmen lässt.

Die IAAF muss sich gegen den Vorwurf wehren, belastende Daten über ihre Athleten nicht veröffentlicht zu haben. „Lassen Sie mich die Sache regeln“, hatte Lamine Diack schon beim letzten großen Skandal verkündet, als die russische Leichtathletik mit Athleten, Trainern und Funktionären im Dopingsumpf stand. Was er damit meinte, ist bis heute unklar.

Seit 1999 führt Diack die IAAF. Am Mittwoch wird in Peking sein Nachfolger gewählt. Es ist ein Duell zwischen den ehemaligen Olympiasiegern Sergej Bubka (Stabhochsprung, Ukraine) und Sebastian Coe (Großbritannien, Mittelstrecke). Wer weiß, ob der Kampf gegen den Betrug mit einem von ihnen ernsthafter bestritten wird. Aber wie bei jedem Anfang wird auch dieser von etwas Hoffnung begleitet.

Lamine Diack war früher selbst Leichtathlet

Wenn man eine Ahnengalerie aufstellen möchte der alten Herrscher, die den Weltsport in Verruf gebracht haben – Lamine Diack hat auf jeden Fall einen Platz verdient. Vielleicht direkt neben Joseph Blatter, dem Patron der Fifa. Sie haben den wirtschaftlichen und politischen Aufstieg des Sports für sich ausgenutzt. Der inzwischen 82 Jahre alte Senegalese Diack hat es mit dem Sport zu ungeahnter Macht gebracht. Er gilt als eine der einflussreichsten Persönlichkeiten Afrikas. Dass er seine Macht eingesetzt hat, um seine Sportart weiterzubringen, lässt sich nicht unbedingt sagen.

Diack war früher selbst Leichtathlet, als Weitspringer landete er bei respektablen 7,72 Meter. Im Internationalen Olympischen Komitee sitzt er schon seit 1982. Seit er vor sechzehn Jahren Präsident der IAAF wurde, ist viel mit der Leichtathletik passiert. In Kurzform: Sie hat einige Dopingskandale dazubekommen und einiges an Ansehen verloren.

Die Leichtathletik ist zwar immer noch die Kernsportart der Olympischen Spiele. Aber aus ihrem Status, die natürlichste aller Bewegungsformen abzubilden – Laufen vor allem, aber auch Springen und Werfen –, hat sie nicht genug machen können. Auch Diack ist dazu nicht viel eingefallen. „Wir müssen unseren Sport spielen“, hat er dieser Zeitung einmal in einem Interview gesagt. Es sah allerdings so aus, als würden ihm Machtspiele weit mehr Spaß machen. Diack gilt aufgrund seines Einflusses auf dem afrikanischen Kontinent als idealer Ansprechpartner, um im IOC Stimmenpakete zu besorgen. Das soll auch Wladimir Putin ausgenutzt haben, als er für Olympische Winterspiele im Badeort Sotschi warb.

Von Diack zu erwarten, die Leichtathletik zu retten, wäre zu viel verlangt

In Diacks eigenen Verband sind die Weltmeisterschaften auch unter teils zweifelhaften Bedingungen vergeben worden. Die WM 2013 fand in Moskau statt. Es hieß, die Bedingung dafür sei gewesen, dass Moskau einen Großsponsor mitbringe. Den Deal soll der Sohn von Lamine Diack, Papa Diack, auf Provisionsbasis abgewickelt haben. Die IAAF und die Diacks weisen Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe der WM zurück. Am Wochenende beginnt die nächste WM in Peking. Und wie die Fifa auch, hat Diacks IAAF ihre WM nach Katar gegeben, 2019 finden die Titelkämpfe in Doha statt. Auch diese Entscheidung wird vom Vorwurf begleitet, die Veranstaltung sei einfach verkauft worden.

Papa Diack zog sich im vergangenen Jahr als Marketingberater der IAAF zurück, nachdem Mails den Eindruck erweckt hatten, er habe von Katar im Rahmen einer vorangegangenen WM-Bewerbung fünf Millionen Dollar bekommen sollen. An der Spitze der Leichtathletik geht es komfortabel zu, die Basis bricht langsam weg. Dazu passt, dass Lamine Diack oft mit einer großen Entourage reiste. Von ihm zu erwarten, die Leichtathletik zu retten, wäre zu viel verlangt. Doch wichtige strategische Entscheidungen seiner Amtszeit gingen nach hinten los. Die Golden League etwa wurde durch die unübersichtliche Diamond League ersetzt. Als die Diamond League eingeführt wurde, versprach Diack, dass die IAAF damit auch verstärkt auf Duelle setzen wolle, damit sich etwa die besten Sprinter öfter begegnen als nur bei einer WM oder Olympia. Geworden ist daraus nichts.

Diacks Amtszeit ist der Leichtathletik auf jeden Fall an die Substanz gegangen.

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