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Sport: Schwarze Stimmung

Italiens Fußballfans droht eine Katastrophe: Als letzter Klub kämpft Inter Mailand heute gegen das Aus im Uefa-Cup

Rom. Das waren noch Zeiten, und sie liegen gar nicht so lange zurück: Unter den vier Mannschaften, die sich vor einem Jahr ins Halbfinale der Champions League vorgekämpft hatten, waren gleich drei italienische. Und das glorreiche Endspiel, jenes zwischen Juventus Turin und AC Milan, war gar eine inneritalienische Angelegenheit.

Zwölf Monate danach sieht es zappenduster aus. Nachdem die wahlweise als „Außerirdische“ oder „Götter“ titulierten Spieler des AC Mailand in La Coruña mit 0:4 untergegangen waren, finden die beiden Halbfinals in diesem Jahr ganz ohne italienische Beteiligung statt. Und auch im Uefa-Cup wackelt die einstige Dominanz: Inter Mailand wurde im Viertelfinale von Olympique Marseille mit 1:0 besiegt; heute findet das Rückspiel statt, und in Mailand flattern die Nerven.

Italiens Zeitungen ergehen sich ob der zu befürchtenden Tragödie in den schlimmsten Superlativen: Milan sei in der Champions League „ausradiert worden“ und habe „die schmerzlichste Niederlage aller Zeiten“ erlitten. Was Inter Mailand in Marseille geboten habe, sei zudem „komplett unbegreiflich“.

Wobei: Auch das ist schon wieder Vergangenheit. Die Italiener, so hat der Soziologe Enrico Finzi festgestellt, neigten von ihrem Nationalcharakter her nicht dazu, „allzu lange in der Depression zu verharren“. Wie zur Bestätigung dieser These hat dann am Osterwochenende eine heftige Aufwallung nationalen Zorns die Trauer hinweggespült. Das tifose Italien, mit seinen Sportzeitungen und Privatradios als Meinungsführer und Meinungsbündler, hat sich vereint gegen drei Schiedsrichter. Wie um von der Schwäche der Mannschaften auf internationalem Parkett abzulenken, finden jetzt seiten- und stundenlange Diskussionen über die Interpretation der Abseits-Regel statt.

Da sagen sie, Inter Mailand habe nur deswegen beim AC Perugia siegen können, weil der Schiedsrichter ein „klares Abseits-Tor" habe durchgehen lassen. Und Lazio Rom sei nur deshalb Juventus Turin unterlegen, weil der Referee einen klaren Treffer wegen Abseits nicht anerkannt habe. Und der AC Mailand sei gegen Empoli nur durch einen umstrittenen Elfmeter zum Sieg gekommen. Wenn das nicht nach Schiebung riecht.

Die internationalen Niederlagen passen da nur zu gut in das Katastrophenbild. Für den Fall, dass sich heute Abend Inter Mailand aus dem Uefa-Cup verabschiedet und sich die Nationalstimmung komplett einschwärzt, wurde schon mal ein weiteres Ablenkungsmanöver gestartet: Die Liga hat entschieden, dass das Spiel Rom – Lazio am 21.April nachgeholt wird. Dieses Derby galt bisher immer als ein Höhepunkt der italienischen Meisterschaft. Ein Höhepunkt war es auch in diesem Jahr – allerdings ein skandalöser: Radikale Fans hatten vor drei Wochen ihre Macht demonstriert und den Abbruch der Partie erzwungen.

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