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Ein Haus mit Tradition. 151 Jahre alt ist der VSaW. Am Wochenende ist die Segel-Bundesliga zu Gast am Wannsee.

© Thilo Rückeis

Segeln: Die Bundesliga macht Station am Wannsee

Der Verein Seglerhaus am Wannsee vereint Freizeit- und Leistungssport. Am Freitag wird Letzteres betrieben. Die Bundesliga ist zu Gast.

Es ist alles ein bisschen ruhiger dieses Jahr am Seglerhaus am Wannsee: Die große „150“ am Wasser erinnert an die Feierlichkeiten zum Jubiläum im Vorjahr, eigentlich müsste eine „+1“ daneben stehen. „Da haben wir ausreichend gefeiert“, erinnert sich Geschäftsführer Frank Butzmann. Er sitzt im „Kieler Woche“-Hemd unter einem Sonnenschirm und blickt aufs Wasser. Hier liegen etwa 250 Boote im kleinen Hafen am prächtigen Vereinshaus, das einst fünf Banker sponserten. 200 weitere Boote lagern an Land. Am Freitag aber ist Schluss mit der Ruhe: Die Segel-Bundesliga macht Station am Wannsee, die teilweise recht behäbigen Freizeitsegelboote müssen schnellen Sportbooten Platz machen.

Im Verein Seglerhaus am Wannsee (VSaW) kommen Freizeitsegelei und Leistungssport zusammen: Einerseits sind da die Traditionssegler, die in den schwereren Bootsklassen unterwegs sind. Andererseits schickt der Verein alle vier Jahre Athleten in wendigen Bootsklassen zu den Olympischen Spielen. Butzmann selbst muss als Geschäftsführer den Spagat schaffen. Er ist gerade erst Deutscher Meister im Drachensegeln geworden.

Seine ersten Segelversuche unternahm der 60-Jährige auf dem Müggelsee, nach der Wende kam er zum Traditionsverein an den Wannsee. Dem harten Kampf um den olympischen Status bei den Bootsklassen und den Trend zu immer spektakuläreren Rennformaten in wendigen Booten steht er kritisch gegenüber.

Trotz seines Traditionsbewusstseins gilt der Verein unter den Berliner Segelvereinen als Topadresse. Das liegt zum einen an der guten Ausstattung – der Verein kann sich einen hauptamtlichen und sechs Honorartrainer leisten. Dazu kommt, dass die Vereinsmitglieder bereitwillig als Mäzene für die Leistungssportler eintreten, etwa den Transport der Zweitboote für die vorolympischen Regatten nach Tokio bezahlen. Deswegen wechseln ambitionierte junge Segler und Seglerinnen häufig zum Verein. Der ist nicht nur finanziell gut ausgestattet. Die Mitglieder, die hauptsächlich aus Charlottenburg, Zehlendorf, Steglitz, Wannsee und Potsdam kommen sowie die Sponsoren sind auch gut vernetzt und bieten schon mal einen Praktikumsplatz an. Das klingt nach Elite, dessen ist Butzmann sich bewusst. „Die einen sagen schon, dass wir spießig und hochnäsig sind“, sagt er ganz unverblümt.

Eine Mitgliedschaft kostet 610 Euro

Ist der Verein also ein Klub für Reiche, wie es das Klischee vom Segelsport will? Nicht ganz. Zwar sind Aufnahme mit 2500 Euro jährlich, Mitgliedschaft mit 610 Euro und Liegegebühr nicht günstig, der Verein wendet sich aber auch zunehmend an Anfänger und Jugendliche, die sich ein eigenes Boot nicht leisten können oder den Sport erst einmal kennenlernen wollen. Die typische Karriere eines Jugendlichen beginnt im Optimist, mit 14 Jahren wechseln sie in olympische Bootsklassen wie die 470er oder die 49er. So begannen Karrieren, die vor vier Jahren für Victoria Jurczok und Anika Lorenz in Rio einen vorläufigen Höhepunkt fanden. Platz neun stand da am Ende für die beiden Seglerinnen zu Buche.

Doch es geht dem VSaW nicht nur um den Leistungssport. „Wir wollen auch die Eltern, die ihre Kinder hier abliefern, für das Segeln begeistern“, sagt Butzmann. Denn gerade hängt schon wieder die Fahne auf Halbmast, weil ein Mitglied verstorben ist. Viele der Boote, die am Steg ganz links liegen, werden in den nächsten Jahren den Besitzer verlieren. Dem Verein fehlt der Mittelbau zwischen den jungen Sportseglern, die häufig an den Olympiastützpunkt nach Kiel gehen, und den älteren Seglern. „Wir haben auch schon versucht, mit Startups zusammenzuarbeiten“, erzählt Butzmann. „Aber die sind zu unbeständig, gehen mal nach Indien, mal ins Silicon Valley, mal ins Soho House.“

Denn wer Mitglied werden will, muss mehr mitbringen als nur Interesse am Segelsport und an den opulenten Klubräumen, wie etwa dem Rittersaal. Kaiser Wilhelm war einst Mitglied hier, der Vereinswimpel verweist mit seinen schwarz-rot- weißen Farben auf das deutsche Kaiserreich – wie übrigens viele deutsche Segelvereine, die in dieser Zeit gegründet wurden. „Wir wollen Mitglieder hier, die sich auch im Verein engagieren“, sagt Butzmann. Zwei Mitglieder müssen den Anwärter empfehlen, dann entscheidet der Ältestenrat am langen Tisch im Otto-Protzen-Zimmer über das Anliegen. Damit auch in 149 Jahren noch auf modernen Höchstleistungssport mit Tradition angestoßen werden kann.

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