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Baseball: Showdown an der 153. Straße

Die Baseballer der New York Yankees verdienen so viel Geld, dass sie unbedingt Meister werden müssen.

Ja, es gab sie am Sonntagabend in der Bronx – die üblichen Bilder einer erfolgreichen Mannschaft nach einem wichtigen Sieg. Die Baseball-Stars der New York Yankees tanzten im Kreis über den Rasen ihres neuen, 1,5 Milliarden teuren Stadions, besprühten sich mit Champagner, und sprangen dann wild übereinander, bis alle auf einem großen Haufen am Boden lagen. Die Yankees hatten gerade die Los Angeles Angels im Finale der American League mit 4:2 Spielen besiegt und waren zum ersten Mal seit 2003 in die World Series eingezogen – jenes große Best-of-Seven-Finale des amerikanischen Nationalsports, das heute Abend beginnt.

Der Jubel an der 153. Straße war aber nicht der ausgelassene Jubel von Sportlern, die sich über ihre Leistung freuen. Es war vielmehr ein Jubel der Erleichterung, dass man eine Blamage vermieden hat. Denn alles andere als der Einzug der Yankees in die World Series wäre eine Peinlichkeit gewesen, und die Kritik wäre vernichtend ausgefallen. Das wusste jeder.

Die Yankees sind mit Abstand das teuerste Team der Liga. 208 Millionen Dollar an Gehältern bezahlen sie im Jahr, 63 Millionen mehr als die New York Mets, die zweitteuerste Mannschaft der USA. Die Erleichterung der Multimillionäre war umso größer, als sie es in den vergangenen sechs Jahren trotz ihres Budgets und ihrer Ambitionen nicht ins Finale geschafft hatten. Nach vier Titeln zwischen 1996 und 2000 hatten die Yankees – das erfolgreichste Team in der Geschichte des Baseballs – eine Pechsträhne. Und das, obwohl sie Jahr für Jahr mehr Geld dafür ausgaben, die besten der besten Spieler vom Markt zu kaufen. Nicht einmal der Vertrag mit Alex Rodriguez über 275 Millionen Dollar, der teuerste Deal aller Zeiten, half – „A-Rod“ blieb seinem Ruf gerecht, ausgerechnet dann zu schwächeln, wenn es zählt: in den Play-offs.

In diesem Jahr bewies der teure Schlagmann jedoch Nervenstärke – er drosch sowohl gegen die Minnesota Twins als auch gegen die Angels in spielentscheidenden Situationen Homeruns. Zum Yankees-Erfolg trug außerdem bei, dass Derek Jeter mit 35 Jahren wieder zu alter Form gefunden hat. Und auch der Pitcher C.C. Sabathia, den die Yankees im vergangenen Jahr von den Milwaukee Brewers eingekauft haben, ist bislang die 161 Millionen Dollar wert, die Yankees-Boss George Steinbrenner für ihn hingeblättert hat.

Bei solchen Summen lastet freilich auch im Finale gegen Titelverteidiger Philadelphia wieder der Druck auf den Yankees, unbedingt gewinnen zu müssen. Alles andere würde man in New York als Enttäuschung werten. „Wir erwarten jedes Jahr einen Meistertitel“, ließ Steinbrenner über seine PR-Agentur verlautbaren.

Druck lastet auf den Yankees allerdings nicht nur wegen der Hybris ihres Besitzers. Zwei ihrer wichtigsten Spieler, Rodriguez sowie Pitcher Andy Pettite, haben im vergangenen Jahr zugegeben, in der sogenannten Steroid-Ära des Baseballs Anabolika geschluckt zu haben. Beide fielen 2003 bei einer Testserie auf, die nur dazu diente, ein Antidopingprogramm im Baseball zu etablieren. Die Ergebnisse der Analysen sollten anonym bleiben, investigative Reporter kamen Pettite und Rodriguez dennoch auf die Spur. Diese Verbindung von extravaganten Honoraren, Erfolglosigkeit und Doping brachte den Yankees in den vergangenen Jahren nicht gerade große Sympathien ein. Jetzt hoffen sie, das alles durch eine Meisterschaft vergessen machen zu können.

Ihre Finalgegner, die Phillies, haben allerdings ebenfalls einiges, das sie gerne in den Hintergrund drängen würden. Ihr Pitcher Pedro Martinez hat mit demselben Fitnesstrainer gearbeitet, der Rodriguez seine Pillen verabreichte. Und ihr Matchwinner im Finale des vorigen Jahres, Pitcher J.C. Romero, hat eine Sperre von 50 Spielen für den Konsum von Androstenedione abgesessen. Im Finale wird Romero zunächst auf der Bank sitzen – er ist bei Weitem nicht mehr in der ausgezeichneten Form des vergangenen Jahres. Pettite und Rodriguez hingegen sind in der Form ihres Lebens. Unter New Yorker Fans spricht man deshalb derzeit nur noch selten von ihrer Vergangenheit. Sollte die 208-Millionen-Dollar-Auswahl allerdings gegen Philadelphia verlieren, könnte sich das wieder ändern.

Sebastian Moll[New York]

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