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Sport: Sich selbst überraschen

Eisbären hoffen heute gegen Köln auf eine Wende

Berlin - Da wollte Pierre Pagé nach dem Spiel in Ingolstadt den höflichen Gast geben und dann so was. „Ich bin auf Jimmy Waite zugegangen, habe ihm ein frohes neues Jahr gewünscht“, erzählt der Trainer der Eisbären . Die Reaktion des Ingolstädter Torwarts war allerdings erstaunlich. „Ich weiß, ihr Jungs holt noch in der letzten Minute neue Spieler und bringt alles durcheinander“, sagte Waite. „Ich kenne euch.“ Das klang nach viel Angst vor den Eisbären, die im Endspurt um den Titel des deutschen Eishockeymeisters dann doch wieder die Konkurrenz übertölpeln werden.

Pagé lächelt. Die Frage, die Waite aufwirft, sagt er, muss natürlich gestellt werden. Hat der in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) nur im unteren Tabellenmittelfeld rangierende Meister für die letzten 15 Spiele der Hauptrunde und dann für die Play-offs noch Überraschungen für die Konkurrenz parat? Pagé sagt: „Ich habe den Spielern gesagt, dass sie sich entscheiden müssen, ob sie dieses Jahr oder nächstes Jahr besser werden wollen.“ Pagé spielt zumindest rhetorisch keine Überraschung aus, der Trainer sagt Dinge wie „es ist nie zu spät“ oder „es macht Spaß zu gewinnen“ und redet von „einem Tritt in den Hintern“, den manche Spieler mal brauchten.

Das klingt ein wenig bockig und beleidigt. In der Tat erklärt sich die Situation der Eisbären mit dem Blick auf die Tabelle: Viel besser, als sie zurzeit stehen, sind sie auch nicht. Die Berliner Bilanz gegen die Teams auf den ersten fünf Tabellenplätzen, die der Konkurrenz nach Punkten weit voraus sind, ist verheerend: Von den 15 Spielen gegen Mannheim, Ingolstadt, Düsseldorf, Köln und Nürnberg haben die Eisbären nur zwei gewonnen – davon nur eines nach 60 Spielminuten, am 17. September 2006 beim 6:3 in Düsseldorf. Steve Walker ist sich dieser Hypothek bewusst. Der Berliner Mannschaftskapitän sagt: „Gegen Mannheim haben wir viermal mit einem Tor Abstand verloren. So etwas frustriert.“ Warum es nicht so recht läuft in dieser Saison, glaubt der nach Sven Felski dienstälteste Eisbär zu wissen: „Wir sind zu ungeduldig, jeder will sein Tor schießen. Wir haben nicht genug Spieler, die Verantwortung übernehmen. Früher, da hattest du einen wie Rob Leask in der Verteidigung. Der hat zwar nicht viele Tore geschossen, aber auf den konntest du dich verlassen.“ Leask spielt seit dieser Saison in Hamburg, und bei den Worten Walkers schimmert unaufdringlich Kritik an der Berliner Personalpolitik durch.

In der Tat hat Manager Peter John Lee diese Saison – in Abstimmung mit dem Trainer, wie er betont – nicht immer Glück gehabt mit seinen Verpflichtungen. Die Verteidiger Kyle Wharton und Jeff Jillson sind nicht einmal DEL-Durchschnitt, Cole Jarrett nur knapp darüber. Zudem ist da noch die Posse um Richard Mueller: Noch immer wartet der in Kanada geborene Sohn eines deutschen Auswanderers auf die Einbürgerung. Die Eisbären könnten Mueller trotzdem spielen lassen – als Ausländer, zwei Plätze sind ja noch frei. „Doch solange die Chance da ist, dass Richard als Deutscher spielen kann, warten wir darauf“, sagt Lee. Denn wenn Mueller nun als Ausländer auflaufen würde, könnte jemand fragen, warum das nicht schon früher ging. Also erschreckt der schnelle Schlittschuhläufer mit seinen Sprints bis auf weiteres im EisbärenOberligateam die Gegner aus Heilbronn oder Weiden.

Dabei könnten sie einen Mueller gut gebrauchen, heute gegen die Kölner Haie (19 Uhr 30, Sportforum), bei denen gestern Trainer Doug Mason seinen Vertrag um ein Jahr verlängert hat. Dass Köln kein Mittelmaß kennt, eröffnet den Berlinern eine kleine Siegchance: Ein 10:0 gegen Ingolstadt gab es in dieser Saison für die Haie, aber auch ein 0:3 gegen Duisburg. Pech nur für die Eisbären, dass sich die Niederlage gegen den Tabellenletzten erst Sonntag in der Kölnarena ereignete und Manager Rodion Pauels Wiedergutmachung fordert: „Auch wenn das schwer für uns wird.“

Sie verlieren ja schließlich nicht absichtlich, sagt Pierre Pagé. Das habe er auch dem Waite nach dem 1:5 am Dienstag in Ingolstadt so erklärt. „Neue Spieler wären eine Möglichkeit, habe ich ihm gesagt. Aber besser wäre, wenn wir endlich besser spielen würden“, sagt Pagé. Damit würden die Eisbären in dieser Saison nicht nur die Konkurrenz, sondern inzwischen wohl auch sich selbst überraschen.

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