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© dpa

Skispringen: Reich und erfolglos

Die deutschen Skispringer haben ausgezeichnete Bedingungen, enttäuschen aber schon seit Jahren.

Inzwischen weiß man, dass wenigstens einer aus dem deutschen Skisprung- Team in Garmisch-Partenkirchen Spaß hatte. B-Kader-Cheftrainer Stefan Horngacher soll am Neujahrstag bis kurz nach fünf Uhr morgens in der Garmisch-Partenkirchener Diskothek Peaches den Jahreswechsel gefeiert haben. Wenige Stunden später musste er auf den Sprungturm und seine Springer auf das Neujahrsspringen einstellen. Spätestens da dürfte ihm der Spaß vergangen sein.

Zur Halbzeit der Vierschanzentournee fällt die Bilanz für die deutschen Skispringer ernüchternd aus. Sowohl in Oberstdorf als auch in Garmisch-Partenkirchen landete kein Deutscher unter den besten zehn. Bester war in Garmisch-Partenkirchen der 18 Jahre alte Pascal Bodmer mit Rang 16. „Keiner unter den besten 15, das ist nicht unser Anspruch“, sagte Bundestrainer Werner Schuster, „das ist unseres Apparates nicht würdig.“ Tatsächlich zählt der Deutsche Skiverband (DSV) zu den reichsten Wintersportverbänden weltweit, doch seit 2002 kommt er im Skispringen nicht mehr richtig auf die Beine.

In Oberstdorf hatte der Bundestrainer noch einen Vorsprung der Österreicher ausgemacht, die in Andreas Kofler und Wolfgang Loitzl die beiden Tourneeführenden stellen. Doch nach Garmisch-Partenkirchen hat von den arrivierten Nationen nur noch eine den Anschluss verloren: die deutsche. „Heute haben bei fantastischen Bedingungen vor allem die Norweger aufgeschlossen“, sagte Schuster. Die Norweger, die er gerade noch auf Augenhöhe wähnte, sollen nun für das dritte Springen am Sonntag in Innsbruck (13.45 Uhr, live im ZDF) als Vorbild dienen. „Die haben sich wieder aufgerappelt“, sagt er, „ich fordere jetzt die Moral ein, um die Fehler abzustellen.“ Michael Schmitt und Michael Uhrmann ist das in Innsbruck zumindest im Training gelungen, sie flogen auf die Plätze zwei und drei. Weil die Qualifikation wegen zu starken Windes abgesagt werden musste, findet sie nun am Sonntag unmittelbar vor dem Springen statt.

Das deutsche Team ist gegenwärtig zweigeteilt. Auf der einen Seite die junge Generation mit Pascal Bodmer (18), Andreas Wank (21) und Richard Freitag (18). „Mit denen bin ich zufrieden“, sagt der Bundestrainer. „Bei Bodmer merkt man, dass er schon länger in der Spitzengruppe springt, er macht seine besten Sprünge im Wettkampf.“ Allerdings habe er ein wenig die Lockerheit verloren. „Sein zweiter Sprung muss statt auf 131,5 Meter auf 135 oder 136 gehen, aber er verkrampft im Flug ein bisschen“, sagt Schuster. Trotzdem ist Bodmer mit Rang zehn im Gesamtklassement bester Deutscher.

Auf der anderen Seite die alten Springer, „Auslaufgeneration“ nennt der Bundestrainer Martin Schmitt (31), Michael Uhrmann (31) und Michael Neumayer (30). „Sie haben die Top-Ten-Plätze der letzten Jahre gemacht“, sagt Schuster, „aber sie sind einfach noch nicht in Form.“ Ein wenig Hoffnung gibt es nur bei Neumayer, der in Garmisch-Partenkirchen mit Rang 17 aufsteigende Form zeigt. „Aber bei Martin Schmitt treten wir auf der Stelle“, sagt Schuster. „Er bemüht sich, ich bemühe mich, aber wir kommen nicht weiter.“ Und Michael Uhrmann habe das Gefühl für das Fliegen verloren.

Das alles ergibt eine Nivellierung in seinem Team. „Die Alten sind schwächer, die Jungen stärker, im Moment treffen sich alle im Mittelmaß“, sagt Schuster, „das ist natürlich für den Fernsehzuschauer nicht so interessant, wenn die deutschen Springer zwischen Platz 15 und 25 springen.“ Er fordert Geduld ein.

Auch die Verantwortlichen des DSV mahnen zu Ruhe. „Das ist nur eine Momentaufnahme, man muss das Ganze sehen“, sagt der Sportliche Leiter Nordisch Horst Hüttel. „Wir haben vor eineinhalb Jahren mit dem Neuaufbau begonnen und haben noch einen weiten Weg.“ Athletik, Trainingssteuerung, Zusammenarbeit mit der Sportwissenschaft, Talentförderung, das alles muss verbessert werden. Dieser Weg aber soll weiter mit Schuster beschritten werden, der Verband will seinen Vertrag bis 2014 verlängern. Spätestens dann will der Bundestrainer mit seinem Programm oben angekommen sein. „Das deutsche System hat Ressourcen“, sagt er. Wird es aber auch für ganz oben reichen? Schuster schüttelt den Kopf und sagt: „Es sieht im Moment nicht so aus, als ob die Österreicher schwächeln.“

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