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Schwarz-Rot-Bronze. Nach WM-Silber kam Jennifer Oeser nun auf Platz drei. Foto: dpa

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Sport: Spektakulär zu Bronze

Jennifer Oeser wird Dritte im Siebenkampf

Fast wie in Zeitlupe sank Jennifer Oeser auf die Bahn, sie sah aus wie eine Marionette, der man die Fäden abgeschnitten hatte. Zehn Sekunden lang lag sie auf dem Rücken, völlig ausgepumpt. Dann rappelte sie sich mühsam wieder hoch. Aber es hatte sich gelohnt, Jennifer Oeser aus Leverkusen hatte gerade Bronze im Siebenkampf gewonnen. Über 800 Meter, die letzte Disziplin, war die 26-Jährige mit 2:12,28 Minuten Saisonbestzeit gelaufen. Und mit 6683 Punkten hatte sie ihren persönlichen Rekord um 190 Punkte gesteigert. Gold ging an Weltmeisterin Jessica Ennis (6823) aus Großbritannien, Silber holte sich Natalia Dobrynska (Ukraine/6778).

Es war der hochklassigste Siebenkampf, den es je bei einer EM gegeben hat. „Das ist Wahnsinn“, sagte Oeser. „Ich bin überglücklich. Ich wollte eigentlich nur 6500 Punkte.“ Vier persönliche Bestleistungen, acht Saisonbestleistungen, das ist ihre Bilanz von Barcelona. Eine Medaille war natürlich ihr Ziel gewesen. „Wenn man bei der WM Silber gewonnen hat, kann man bei der EM ja schlecht Platz sechs als Ziel ausgeben“, hatte sie gesagt. Oeser war in Berlin nach einem Rempler gestürzt, hatte auf der Bahn gelegen und dann mit einer furiosen Aufholjagd noch Silber geholt. Seither ist sie vielen Fans bekannt. „Ich habe meine Silbermedaille bestätigt, das war mir das Wichtigste“, sagte sie am Samstagabend.

Sie begann mit einer Leistung, die ihr Selbstbewusstsein gab. Über 100 Meter Hürden lief sie 13,37 Sekunden, so schnell wie noch nie. Gerade der Hürdensprint war noch bei der WM in Berlin eine ihrer Schwächen gewesen. Nur eine Läuferin war in Barcelona schneller: Jessica Ennis. Die große Favoritin sprintete 12,95 Sekunden und ging gleich in Führung. Im Hochsprung bewältigte Jennifer Oeser 1,83 Meter und war damit etwas schlechter als Ennis und Dobrynska und genauso gut wie die Russin Tatjana Chernowa. Im Kugelstoßen büßte die Deutsche Punkte gegenüber Dobrynska ein, steuerte nach drei Disziplinen aber dennoch auf eine für sie sehr gute Punktzahl zu. Nach dem 200-Meter-Lauf in persönlicher Bestzeit lag sie auf dem dritten Platz, 145 Punkte vor Chernowa.

Der zweite Tag begann für Oeser mit ihrer spektakulärsten Bestleistung: 6,68 Meter im Weitsprung. Sie konnte es kaum fassen. „Ich habe nicht bloße eine Superweite erzielt“, sagte sie. „Ich war auch die beste Springerin aller Siebenkämpferinnen.“ Vor allem aber hatte sie die Qualifikationsweite der Spezialistinnen übertroffen. „Da habe ich mir kurz überlegt, warum tue ich mir da noch den 800-Meter-Lauf an“, sagte sie ironisch. Doch zunächst stand der Speerwurf an, dort sieht Oeser seit Jahren ihre größten Reserven. Zudem galt Chernowa als bessere Speerwerferin. Tatsächlich schnitt die Russin aus der Führungsgruppe mit 50,22 Meter am besten ab. Doch Oeser schleuderte den Speer so weit wie nie zuvor: 49,17 Meter. Jetzt kam alles auf den 800-Meter-Lauf an. Würde sich Oeser Bronze sichern? Sie lag auf Rang drei, 92 Punkte hinter Dobrynska, aber 125 Punkte vor Chernowa. Jennifer Oeser pumpte die letzten Reserven aus ihrem Körper, mehr als drei Sekunden vor Chernowa überquerte sie die Ziellinie. Dann sank sie zu Boden. Erschöpft und glücklich.

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