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Sport: Spielmacher aus dem Seminar

Student Pascal Roller dirigiert die Opel Skyliners aus Frankfurt – heute tritt er bei Alba an

Berlin. Vor 25 Jahren trugen die Mannschaften der Basketball-Bundesliga nicht so seltsame Namen wie Opel Skyliners oder Artland Dragons. Die Klubs hießen Universitätssportclub Heidelberg oder Basketballgemeinschaft Göttingen, weil diese Sportart vornehmlich in Universitätsstädten betrieben wurde. Vor 25 Jahren studierten die meisten Spieler nebenher, weil man vom Basketball nicht leben konnte. Und schon gar nicht ließen sie sich Tätowierungen auf ihre Oberarme stechen oder enthüllten die Muskeln für Fotoaufnahmen. Kurz, vor 25 Jahren wäre Pascal Roller in der Basketball-Bundesliga nicht aufgefallen.

In der Gegenwart aber ist der untätowierte und schmächtige Pascal Roller ein ungewöhnlicher Profi. Der Aufbauspieler, der heute mit den Opel Skyliners aus Frankfurt bei Alba Berlin in der Max-Schmeling-Halle (15 Uhr, live auf TV Berlin) antritt, studiert in Frankfurt Sport und Englisch auf Lehramt. Und zwar ernsthaft. „Ich habe noch keinen konkreten Berufswunsch, aber in die Turnhalle möchte ich höchstens als Sportlehrer zurückkehren“, sagt Roller. „Ich bin jetzt am Anfang des Hauptstudiums, in vier bis fünf Semestern könnte ich fertig werden.“ Ein ernsthafter Student ist inzwischen im Profigeschäft so unüblich, dass die Zeitschrift „Basketball“ Pascal Roller in ihrer jüngsten Ausgabe die Titelgeschichte widmete. In einem schwarzen Talar und mit Doktorhut wird er dort als „Basketball-Professor“ verkauft. „Meinen Eltern dürfte das gefallen haben“, sagt Roller. Seine Mutter ist Studienrätin an einem Heidelberger Gymnasium, sein Vater freier Publizist und Philosoph.

Doch auch in seinem Hauptberuf setzt sich der Student durch, obwohl dort inzwischen die Streetballgeneration der Neunzigerjahre angekommen ist. Bis zum deutschen Nationalspieler hat es der 1,80 Meter große Spielmacher gebracht. Bei der WM 2002 in Indianapolis gewann der 27-Jährige mit dem deutschen Team die Bronzemedaille, ein Jahr später musterte ihn der damalige Bundestrainer Henrik Dettmann vor der EM aus. „Die Nationalmannschaft ruft deshalb bei mir gemischte Gefühle hervor“, sagt Roller. Zumal es im Rückblick so aussieht, als hätte die Auswahl bei der EM einen weiteren Spielmacher angesichts der Formkrise von Misan Nikagbatse gut gebrauchen können. Dettmann sieht das immer noch anders. „Roller ist kein Spielmacher“, sagt der ehemalige Bundestrainer.

Doch genau dies ist Rollers Rolle in Frankfurt. Trainer Gordon Herbert besitzt in Ellis und Garrett zwei starke Shooting Guards, Roller dirigiert das Spiel. Mit Erfolg. Im Pokal-Viertelfinale fügte Frankfurt Alba die schmerzlichste Saisonniederlage (75:56) zu.

Einen gewissen Bekanntheitsgrad hat Roller in seinem Sport erreicht. Trotzdem sagt er, wenn er nach seinem Beruf gefragt wird: „Ich bin bei Opel.“ Nicht, weil er kokettieren will. „So populär ist Basketball in Deutschland noch nicht, dass die Leute das direkt einordnen können.“ Vorauseilend nimmt Roller Rücksicht auf die mögliche Unwissenheit seines Gegenübers. Auf so eine Idee kann wohl auch nur ein Student kommen.

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