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Torwart Thomas Kraft wurde in Bremen für den verletzten Rune Jarstein eingewechselt und wird auch am Freitag für Hertha spielen.

© dpa

Spitzenspiel gegen den FC Bayern: Hertha braucht die Kraft der Defensive

Die Berliner haben zuletzt untypisch viele Gegentreffer kassiert – das soll sich nun wieder ändern.

Wenn man es sich einfach machen will, könnte man sagen: Jordan Torunarigha ist schuld. Oder besser: der Ausfall Torunarighas. Als der Innenverteidiger von Hertha BSC am dritten Spieltag eine gute Viertelstunde vor Schluss mit einer Achillessehnenverletzung vom Platz musste, führte seine Mannschaft 1:0 beim VfL Wolfsburg. Torunarigha hatte bis dahin keine Minute verpasst – und Hertha in 253 Spielminuten noch kein einziges Tor kassiert. Seitdem sind 197 Minuten vergangen, in denen der Berliner Fußball-Bundesligist sieben Gegentreffer hinnehmen musste.

Eine solche Bilanz ist untypisch für Hertha. Die Berliner haben sich in den Jahren unter Trainer Pal Dardai vor allem auf ihre defensive Stabilität verlassen können. Auch deshalb ist es verwunderlich, dass der Klub gerade in einigen offensiven Kategorien weit oben vertreten ist. Nur Dortmund und Bayern haben häufiger getroffen als Hertha. Ondrej Duda (vier Treffer) ist weiterhin der beste Torschütze der Bundesliga, Neuzugang Javairo Dilrosun mit zwei Toren und drei Vorlagen der zweitbeste Vorbereiter.

Trotzdem kann von einem Paradigmenwechsel in Herthas Spiel noch keine Rede sein. Sieben Gegentore in drei Spielen hören sich dramatisch an – wenn man aber mal genauer hinschaut, lässt sich nicht zwingend ein strukturelles Problem erkennen. „Das hat nichts mit der Defensivarbeit zu tun“, sagt Dardai. „Ich kann mich nicht erinnern, dass in unserer Abwehr Chaos geherrscht hätte.“ Drei Treffer resultierten aus Elfmetern, zwei weitere aus Standardsituationen. Unter der Woche, bei der ersten Saisonniederlage gegen Werder Bremen, hat Hertha zwar alles andere als überragend gespielt; aber zumindest defensiv hat die Mannschaft wenig zugelassen. Darauf wird es auch an diesem Freitag (20.30 Uhr/Eurosport 2) ankommen, wenn sich im ausverkauften Olympiastadion der Meister und Tabellenführer Bayern München die Ehre gibt.

"Es wird ein anderes Spiel"

„Gegen Bayern spielerisch so zu glänzen wie gegen Gladbach, wäre nicht schlecht“, sagt Dardai. „Aber ich glaube, es wird ein anderes Spiel. Der Fokus liegt mehr darauf, die Räume zuzumachen, systematisch gegen den Ball zu arbeiten.“ Mindestens zwei Änderungen wird es in der Mannschaft geben: Torhüter Rune Jarstein fällt wie erwartet aus. Für ihn kommt Thomas Kraft gegen seinen Ex-Klub zu seinem ersten Startelfeinsatz in der Bundesliga seit Februar. Im defensiven Mittelfeld muss Fabian Lustenberger nach seinem dünnen Auftritt in Bremen auf die Bank. Gegen die Bayern darf sich nun Per Skjelbred als Ersatz für den verletzten Marko Grujic versuchen – und diesmal auch wirklich. „Mein Gefühl sagt mir, Per wird spielen“, verkündete Dardai am Donnerstag. „Zu diesem Spiel würde er gut passen, mit seiner Laufbereitschaft, seiner Zweikampfführung.“

Die Rückkehr von Innenverteidiger Karim Rekik ist in dieser Hinsicht ebenfalls eine positive Nachricht. Niklas Stark, sein Nebenmann, hatte zuletzt einige Sekundenaussetzer im Repertoire: Gegen Gladbach verschuldete er einen Elfmeter, nachdem er sich bei einem langen Pass verschätzt hatte; in Bremen verlor er vor dem 0:2 das Kopfballduell gegen Milos Veljkovic. Rekik stand gegen Werder erstmals wieder in der Startelf, nachdem Dardai lange überlegt hatte, ob er dieses Wagnis eingehen solle. Mit Adduktorenproblemen ist nicht zu spaßen, zudem hatte der Holländer kaum mit der Mannschaft trainiert. Am Ende entschied sich Herthas Trainer auch mit Blick auf das Bayern-Spiel drei Tage später für einen Einsatz. Rekik kaum sollte sich im laufenden Betrieb die Wettkampfhärte holen. „Er hat es überlebt“, sagt Dardai.

Es spricht für den 23-Jährigen, dass er bei seinem Comeback kaum Anlauf brauchte, dass er körperlich und mental gleich auf der Höhe war und in der Abwehr gewohnt kompromisslos zur Sache ging. Rekik hatte gegen Werder von allen Berlinern die beste Zweikampfquote. Er bringt die Fähigkeiten mit, die Hertha braucht, damit die schöne Serie gegen die Bayern weitergeht. Seit drei Spielen sind die Berliner gegen den Rekordmeister ungeschlagen – so lange wie kein anderer Klub aus der Bundesliga. In der vergangenen Saison schaffte es nur Hertha, nicht gegen die Münchner zu verlieren. Und das, obwohl sie im eigenen Stadion schon mit 0:2 zurücklagen. Am Ende hieß es 2:2.

Kein graues Mittelfeldmäuschen

Anders als vor einem Jahr kommen die Bayern diesmal als Tabellenführer; aber anders als vor einem Jahr ist Hertha diesmal auch kein graues Mittelfeldmäuschen, sondern der Vierte der Liga, der weiterhin Körperkontakt zur Tabellenspitze hält, trotz der Niederlage in Bremen. Auch für die Münchner ist es unter der Woche alles andere als optimal verlaufen. Im eigenen Stadion mussten sie sich mit einem 1:1 gegen den FC Augsburg begnügen – allerdings hatte Trainer Niko Kovac auch nicht seine stärkste Elf aufgeboten. „Die Bayern haben ihre besten Spieler für Freitag geschont, nicht umgekehrt“, sagte Herthas Manager Michael Preetz. „Das ist auch ein Statement.“ Hertha wird inzwischen selbst von den Bayern offenbar als satisfaktionsfähig erachtet. „Wir können Tabellenführer werden“, sagt Michael Preetz. Zumindest für eine Nacht und einen halben Tag.

Hertha benötigt dazu gegen die Bayern lediglich einen Sieg mit drei Toren Unterschied.

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