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Endlich wetterfest. Auch Roland Garros hat jetzt ein Dach. Es könnte in den nächsten Tagen häufiger gebraucht werden.

© Zuma/Imago

Start der French Open im Tennis: Zweifel unterm Dach von Roland Garros

Die French Open der Tennisprofis in Paris beginnen am Sonntag unter besonderen Bedingungen. Auch sportlich gibt es viele Fragezeichen.

Etwas mehr als 300 Neuinfizierte mit dem Coronavirus pro Tag gab es Ende Mai in Frankreich. Zu viele um ein Tennisturnier wie die French Open stattfinden zu lassen – zumal vor Publikum. Die Veranstalter verschoben den Höhepunkt der Sandplatzsaison in den Herbst, in der Hoffnung, dass die Pandemie bis dahin besiegt sei. Nun, Ende September, vermeldet Frankreich mehr als 15 000 Corona-Infektionen pro Tag, Paris gehört zum besonders betroffenen Risikogebiet. Und trotzdem beginnt Roland Garros am Sonntag – und das sogar vor Zuschauern.

„Es ist eine große Herausforderung für die Veranstalter, eine sichere Durchführung der French Open zu gewährleisten, aber ich bin zuversichtlich, dass es – wie zuletzt in New York – unter strikten Hygienevorschriften auch in Paris gelingen wird“, sagte Angelique Kerber der Deutschen Presse-Agentur und fügte hinzu: „Mehr als den Eiffelturm, den ich von meinem Hotelzimmer aus sehen kann, werde ich wohl dieses Jahr von Paris nicht mitbekommen.“

1000 Zuschauer dürfen pro Tag auf die Anlage, noch vor ein paar Wochen glaubten die Veranstalter an 20.000 Fans. Dann wurden es sukzessive weniger und jetzt muss Turnierdirektor Guy Forget hoffen, dass das seiner Ansicht nach „weltweit bedeutendste französische Sportevent“ überhaupt einigermaßen störungsfrei über die Bühne geht. Leicht wird das nicht, denn insgesamt sechs Spieler durften wegen positiver Coronatests bei ihnen selbst oder in ihrem Umfeld gar nicht erst an der Qualifikation teilnehmen.

Weitere Fälle während des 15-tägigen Events sind nicht ausgeschlossen – trotz der Blase, in der sich die Spieler befinden. Anders als noch in New York sind ausnahmslos alle Profis in insgesamt zwei Hotels untergebracht, sauber getrennt nach Weltranglistenposition: Die besten 60 Spieler wohnen in einem Hotel, der Rest des Feldes in einem anderen. Die Stimmung bei den Beteiligten ist angespannt, ähnlich wie in New York eint alle nur der Wunsch, die Veranstaltung irgendwie durchzuziehen.

Den zwölfmaligen Champion Rafael Nadal plagen Zweifel

Dabei gäbe es durchaus auch andere Aspekte, die sonst wohl die Schlagzeilen vor Turnierbeginn beherrscht hätten. Denn erstmals in ihrer langen Geschichte trotzen die French Open dem Wetter – zumindest auf dem Center Court. Dort wurde ein ausfahrbares Dach installiert, das angesichts des für die nächsten Tage vorhergesagten Regens wohl auch viel zum Einsatz kommen wird. Dazu gibt es Flutlicht, auch auf den Außenplätzen. Anders ließen sich die vielen Spiele bei früh einsetzender Dunkelheit auch kaum durchziehen.

Was das Turnier sportlich zu bieten hat, ist ebenfalls spannend. Bei den Männern ist der zwölfmalige Champion Rafael Nadal wie immer der Favorit, allerdings gibt es diesmal berechtigte Zweifel an einem weiteren Erfolg. „Normalerweise musst du auf Rafa setzen, aber er hat nur drei Matches in einem halben Jahr gespielt“, gab Boris Becker unter der Woche bei den European Open in Hamburg zu bedenken und verwies noch auf einen anderen Umstand: „Rafa mag es, wenn die Bälle hoch aufspringen. Aber das tun sie zu dieser Jahreszeit nicht.“

Nadal wirkte am Media Day vor Turnierbeginn selbst skeptisch. „Die Bedingungen sind für mich vermutlich so schwierig wie noch nie. Das Spiel ist sehr langsam, aber ich bin hier, um den Kampf anzunehmen“, sagte der Spanier. In einem möglichen Viertelfinale könnte er auf Alexander Zverev treffen, der nach seiner Finalniederlage bei den US Open zuletzt auf Sand nur trainierte und dessen Formstärke daher schwer einzuschätzen ist. Becker glaubt, dass es gerade zu Turnierbeginn schwer für Zverev werden könnte, aber: „wenn er seine ersten zwei, drei Matches hat, dann ist in der zweiten Woche wieder alles möglich für ihn.“ Am Sonntag geht es für den 23-Jährigen gegen den Österreicher Daniel Novak direkt los.

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Bei den Frauen ist die Erwartungshaltung im Falle von Angelique Kerber deutlich niedriger. Zuletzt in Rom hatte sie große Schwierigkeiten mit der Umstellung von Hart- auf Sandplatz und verlor gleich ihr erstes Match. Zu den Favoriten hat sie in Paris aber ohnehin selten gezählt, Top-Tipp für dieses Jahr ist Simona Halep.

Die Rumänin ließ die Amerika-Tour aus und gewann in der Zwischenzeit zwei Titel auf Sand in Europa. „Ich mag es in Paris zu sein, auch wenn es ein bisschen kalt ist. Ich fühle mich gut und habe Selbstvertrauen. Dass die Leute mich als Favoritin sehen, ist schön. Aber im Moment denke ich nicht an den Titel“, sagte Halep. Eher hat sie die ungewöhnlichen Umstände im Kopf, unter denen die French Open 2020 stattfinden: „Dass wir Roland Garros Ende September spielen, ist ein bisschen verrückt. Aber wir sollten allen dankbar sein, die das möglich gemacht haben.“

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