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STEILPASS Inland: Peinliche Kollegen

Stefan Hermanns über jubelnde Journalisten auf der Pressetribüne.

Grundsätzlich schätze ich Jürgen Klopp nicht nur als kompetenten Trainer, sondern auch als Mensch mit sehr vernünftigen Ansichten. Wobei das nicht heißt, dass man alle seine Ansichten teilen muss. Zum Beispiel glaubt Klopp, dass Journalisten dem Klub, über den sie berichten, auch in gewisser Weise verpflichtet sind. „Ihr gehört ja irgendwie alle dem Verein an“, hat er vor kurzem in einer Pressekonferenz zu seinen Dortmunder Haus- und Hofschreibern gesagt. Das ist natürlich Quatsch.

Es gibt, ehrlich gesagt, kaum etwas Peinlicheres als jubelnde Journalisten auf einer Pressetribüne. Als besonders peinlich habe ich es bei einem Europapokalspiel zwischen Bayer Leverkusen und Zenit St. Petersburg empfunden. Bei jedem Tor sprangen meine russischen Sitznachbarn von ihren Plätzen hoch und fingen an zu grölen. Noch peinlicher war, dass sie meine teilnahmslose Beobachtung offensichtlich für eine stille Form des Leidens hielten – und deshalb noch ein bisschen lauter grölten. Sie dachten wohl, es würde mich ärgern. Wenn die gewusst hätten, wie egal mir Leverkusen ist.

Grundsätzlich halte ich es mit dem Kollegen S. aus Mönchengladbach, der mehr als 40 Jahre über die Borussia berichtet und dabei so manchen Triumph des Vereins miterlebt hat. Nie hat er auf der Pressetribüne gejubelt, nie gefeiert, nie geschrien. Mit einer Ausnahme. Es war bei einem Spiel in München, in dem die Gladbacher mit dem letzten Angriff noch den Ausgleich erzielten. In diesem Moment konnte selbst S. nicht mehr an sich halten. Er hat mit den Fingerknöcheln dreimal auf sein Schreibpult geklopft.

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