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Sport: Stoff aus der Konserve

Blutdoping ist nicht neu – jetzt wird es wieder modern

Ein gruseliges Schlagwort ist bereits gefunden worden: „Vampir-Doping“. Doch das, was sich da in der Szene der Biathleten abgespielt haben soll, weckt wohl nur entfernt Assoziationen an jenen Aberglauben, nach dem sich Verstorbene des Nachts an dem Blut Lebender laben. Doch skandalös ist es allemal, sollte die BBC Recht haben: Nach einem Bericht des britischen Fernsehsenders sollen sich Biathleten bei den Olympischen Winterspielen 2002 in Salt Lake City mit dem Blut von Teamkollegen versorgt haben, um so die Zahl der roten Blutkörperchen zu erhöhen und damit ihre Ausdauerfähigkeit zu steigern.

Dem Vorsitzenden des medizinischen Komitees der Internationalen Biathlon Union, Jim Carrabre, zufolge wies die Mehrheit der dort eingesetzten Biathleten verdächtig große Einstiche auf. „Normalerweise benutzt man dünne Kanülen, um die Hämoglobinwerte zu überprüfen“, wird Carrabre zitiert. „Als ich die Größe dieser Einstiche sah, war ich überzeugt, dass die Athleten unerlaubte Methoden zur Leistungssteigerung anwenden.“ Zudem beobachtete Carrabre bei rund 40 Prozent der Sportler „entweder Transfusionen von Salzlösungen oder Bluttransfusionen“. Dass es sich um das Blut anderer Teammitglieder handelte, ist bislang jedoch reine Spekulation.

Der Missbrauch birgt allerdings enorme gesundheitliche Risiken für die Sportler, etwa das einer latenten Infizierung des Fremdblutes oder auch allergischer Schockreaktionen, wenn Blutgruppe und Rhesusfaktor nicht identisch sind.

Seit den Sechzigerjahren ist diese Form der Leistungssteigerung der Öffentlichkeit bekannt, und nachdem amerikanische Radsportler nach den Olympischen Spielen 1984 freimütig davon berichtet hatten, steht Blutdoping als unerlaubte Methode auf der Dopingliste des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Experten wie Prof. Wilhelm Schänzer erscheint diese Entwicklung fast zwangsläufig. „Für mich war schon vor drei Jahren klar, dass Blutdoping wieder eine Rolle spielen würde“, sagt der Leiter des IOC-akkreditierten Dopinglabors in Köln. Das künstlich hergestellte Erythropoietin (Epo) hatte das ursprüngliche Blutdoping, bei dem sich Athleten am Ende eines Höhentrainingslagers das sauerstoffreichere Blut abzapfen und es sich kurz vor dem Wettkampf wieder injizieren ließen, seit Anfang der Neunzigerjahre weitgehend abgelöst. „Doch in diesen Zeiten, in denen Epo nachgewiesen werden kann, gehen die Dopingsünder wieder zurück ins alte System“, sagt Schänzer. Zumal derzeit nicht auf Fremdblut kontrolliert werde und Eigentransfusionen „nur schwer nachweisbar“ seien.

Beauftragt von der Nationalen Anti-Doping-Agentur der USA, entwickeln nach BBC-Informationen bereits Wissenschaftler vom Royal Albert Hospital in Sydney ein rechtlich abgesichertes Nachweisverfahren, das nach Projektleiter Michael Ashenden „auf denselben Grundlagen basiert, die auch in Krankenhäusern verwendet werden, um passende Blutspender zu finden“. Bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen soll diese Nachweismethode, so Ashenden, zum Einsatz kommen. Die Wissenschaftler fordern jedenfalls spätestens für dieses Datum entsprechende Wettkampfkontrollen. Nur mit dieser Abschreckung könne der Blut- missbrauch eingedämmt werden.

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