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Sport: Tendenz: zuversichtlich

Michael Ballack überragt beim 2:1-Sieg der deutschen Nationalelf im letzten EM-Test gegen Serbien

Besser hätte das Spiel für Jens Lehmann gar nicht beginnen können. Der Torhüter der deutschen Fußball-Nationalmannschaft benötigt jede erdenkliche Spielpraxis. Gegen Serbien waren gerade 15 Sekunden absolviert, als Lehmann der erste Rückpass ereilte. Zuletzt hatte er die Bälle bei solchen Gelegenheiten durch die Gegend gestreut wie eine leckende Gießkanne, diesmal fand der Ball gleich den richtigen Adressaten. Der erste Eindruck aber täuschte. Lehmann verlebte einen ereignisarmen Abend. 18 Ballkontakte hatte er, davon zwei mit der Hand – nach Kopfballrückgaben von Christoph Metzelder und Michael Ballack. Trotzdem waren die Serben ein idealer Gegner für den letzten Test vor der Europameisterschaft. Bei ihrem ersten von drei Angriffen gingen sie 1:0 in Führung, mit einer Kraftanstrengung in der letzten Viertelstunde aber drehten die Deutschen das Spiel. Durch Tore des eingewechselten Oliver Neuville und des überragenden Ballack gewannen sie 2:1 (0:1).

„Es wäre nicht so toll gewesen, mit einem Unentschieden oder einer Niederlage in die Schweiz zu fahren“, sagte Ballack hinterher. „Wir wollten das Spiel unbedingt noch gewinnen.“ Niemand verkörperte diesen Willen intensiver als der Kapitän der Deutschen, der immer wieder Struktur ins Spiel seiner Mannschaft brachte. „Michael Ballack hat die Mannschaft permanent nach vorne getrieben“, sagte Bundestrainer Joachim Löw. Den Ausgleich leitete er mit einem Pass auf Marcell Jansen ein, dessen Hereingabe Neuville über die Linie drückte. Den Siegtreffer erzielte Ballack mit einem Freistoß durch die Mauer der Serben selbst.

Löw hatte in Gelsenkirchen eine Mannschaft aufs Feld geschickt, die seiner mutmaßlichen Startelf zu Beginn der EM bereits erstaunlich nahe kam. Nur Miroslav Klose wurde wegen leichter Probleme am Sprunggelenk geschont. Für ihn muss bei der EM nach dem gestrigen Auftritt wohl der Schalker Kevin Kuranyi weichen, der gegen die Serben auffallend fahrig spielte und deutlich weniger zu Wege brachte als sein Sturmpartner Mario Gomez. Nur Marko Pantelic auf Seiten der Serben hinterließ einen noch schwächeren Eindruck. Der Angreifer von Hertha BSC wurde nach der ersten Halbzeit ausgewechselt.

Die Deutschen begannen gut, sie verteidigten sehr hoch, waren stark in der Balleroberung und -behauptung und spielten besser organisiert als gegen Weißrussland; nur die letzte Entschlossenheit im Spiel nach vorne fehlte, der unbedingte Wille zum vertikalen Pass. Trotzdem hatten die Gastgeber die erste gute Chance. Nach 15 Minuten wehrte Serbiens Verteidiger Nemanja Vidic einen Flugkopfball von Michael Ballack mit dem Fuß ab, nachdem Gomez von der Torauslinie geflankt hatte. Der Stuttgarter war auch am schönsten Angriff der Deutschen beteiligt. Mit vier Ballkontakten spielten sie sich von der Mittellinie vor das serbische Tor, nach einer flachen Hereingabe von Marcell Jansen aber verfehlte Gomez den Ball.

Zu diesem Zeitpunkt führten die Serben etwas überraschend mit 1:0. Mit einem einzigen Pass in die Schnittstelle der Viererkette wurde die deutsche Abwehr überwunden. Christoph Metzelder ließ Bosko Jankovic in seinem Rücken davonlaufen, gegen den präzisen Abschluss hatte Jens Lehmann keine Abwehrchance. „Das war sicher mein Fehler“, sagte Metzelder, der trotz seines Rückstands zuversichtlich ist: „Ich war vor allen Turnieren umstritten und im Turnier eine feste Größe. Die Tendenz stimmt.“

Jankovic vergab nach der Pause die beste Gelegenheit zum zweiten Tor für die Serben, als er den Ball aus kurzer Distanz an die Latte wuchtete. Trotzdem fand Bundestrainer Löw das Defensivverhalten der Mannschaft in Ansätzen gut, fühlte sich beim 0:1 aber an das erste Gegentor gegen Costa Rica bei der WM 2006 erinnert. Überhaupt gab es einige Reminiszenzen an das Sommermärchen: das Tor des eingewechselten Neuville, die irrationale Anhänglichkeit des deutschen Publikums an David Odonkor und die Anwesenheit von Angela Merkel. Die Bundeskanzlerin suchte die Mannschaft nach dem Spiel in der Kabine auf und wünschte für die EM „viel Kraft und gute Nerven“.

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