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THW Kiel: Handball wird Millionenspiel

Erstmals wird für einen Handballspieler eine sechsstellige Ablöse geboten. Der begehrte Mann kommt aus Kiel und heißt Kim Andersson.

Ein geradezu märchenhaftes Jahr liegt hinter dem THW Kiel. Der Klub ist ganz oben angelangt, Champions League-Sieger ist er erstmals geworden, dazu Deutscher Meister und Pokalsieger. Dennoch zeichnet Uwe Schwenker ein eher düsteres Bild für die kommenden Jahre. „Es wird deutlich schwieriger, in Zukunft mitzuhalten“, warnte der Manager des THW Kiel. „Wir müssen sehr innovativ und kreativ sein, um den hohen Standard zu halten.“

Der Manager des Rekordmeisters verfolgt vor allem die Entwicklung der Spielergehälter mit Sorge. „Die Spielergehälter explodieren derzeit“, berichtet Schwenker. Aktuell beschäftigt ihn der Fall des Linkshänders Kim Andersson. „Kim wird von Ciudad Real umworben, und die können und wollen alles für ihn zahlen. Es geht wohl darum, einen Nachfolger für Olafur Stefánsson zu finden“, bestätigt Schwenker die energischen Abwerbungsversuche des spanischen Spitzenklubs. Schon vor vier Wochen reiste der 111-fache schwedische Nationalspieler, der 2005 aus Sävehof nach Kiel kam, mit Wissen des Vereinsmanagements nach Spanien, um sich dort umzusehen. Sollte der 25-Jährige tatsächlich in der Provinz La Mancha unterschreiben, ist der erste Millionentransfer im internationalen Handball besiegelt.

Denn Ciudad-Präsident Domingo ist Milliardär und würde die Ablösesumme für Andersson, der bis 2010 in Kiel unter Vertrag steht, sicher lächelnd überweisen. Schon im Sommer hat er 800 000 Euro bezahlt, um den Mittelmann Rodriguez aus dem Vertrag bei CBM Valladolid herauszukaufen, und in Ciudad Real steht mit Keeper Arpad Sterbik einer der teuersten Handballer der Welt im Tor, der Serbe erhält jährlich rund 330 000 Euro netto, plus Haus, plus Auto. Wie sich Andersson entscheidet, ist unklar. Auf jeden Fall wird hinter den Kulissen derzeit verhandelt, da Andersson nun auch beim THW Kiel ein höheres Gehalt als bislang einfordert. Angeblich soll Schwenker die Verhandlungen abgebrochen haben und erwartet nun die Höhe der Ablösesumme aus Ciudad Real. Der Spieler selbst gibt sich ahnungslos: „Ich verstehe nicht, dass das eine Geschichte ist. Ich habe doch nur einen guten Kumpel besucht.“ Gemeint ist Jonas Källman, der schwedischen Linksaußen Ciudads.

Andersson ist indes nur Symbolfigur der nachhaltigen Kommerzialisierung des Handballs, die der deutsche WM-Titelgewinn im Februar noch extrem befeuert hat. „Es gibt im Moment einen starken Wandel in der Bundesliga“, sagt Schwenker. Nicht nur die starke Fernsehpräsenz sorgt für den kräftigen Schub, sondern auch die vielen großen Sponsoren, die den Handball entdeckt haben. Eine Revolution finde derzeit statt, sagen erfahrene Manager wie Thorsten Storm, Manager der Rhein Neckar-Löwen.

Der Klubchef des HSV Hamburg, Andreas Rudolph, gilt als Vorreiter, er finanziert schon seit Jahren die hanseatischen Handballer mit Millionen aus seinen Medizin-Unternehmen. Weiteres Beispiel ist der Modekonzern Gerry Weber aus Halle, dessen Chef angeblich selbst um den Nordhorner Holger Glandorf warb, allerdings vergeblich. Nun soll Weber alles unternehmen, um den deutschen Weltmeister Dominik Klein vorzeitig zu dem von ihm unterstützten TBV Lemgo zu lotsen; Linksaußen Klein ist ebenfalls beim THW Kiel bis 2009 unter Vertrag. Hier droht dem Kieler Branchenprimus der nächste Poker.

Ein weiterer begehrter Handballstar hat sich bereits entschieden: Gudjon Valur Sigurdsson, der isländische Star des VfL Gummersbach, wechselt spätestens 2009 zu den Rhein Neckar-Löwen. „Ich habe für drei Jahre unterschrieben“, bestätigte der 28 Jahre alte Linksaußen dieser Zeitung den Abschluss, das sei „keine Entscheidung gegen den VfL, aber ich möchte noch einmal etwas Neues machen.“ Die VfL-Bosse wissen: Die Löwen zahlen derzeit fast alle Summen, um an die gewünschten Spieler zu kommen. Geld genug ist vorhanden. Einer der Löwen-Mäzene ist SAP-Gründer Dietmar Hopp, einer der reichsten Männer der Republik.

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