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© dpa

Tour de France: Das Geschäft mit dem gelben Band

Lance Armstrongs Krebsstiftung Livestrong dient auch den Wirtschaftsinteressen und Werbepartnern des Radprofis. Diese Beziehungen umgibt bei der Tour ein großes Schweigen.

Gelb ist die Farbe der Tour de France. Gelb ist auch die Farbe der Antikrebs-Stiftung Livestrong, die der frühere Krebskranke Lance Armstrong 1997 ins Leben rief. International bekannt wurde sie aber erst 2004, als Europa urplötzlich mit gelben Armbändern überschwemmt wurde. Wer in der Welt des Radsports etwas gelten wollte oder Angst hatte, als Außenseiter angesehen zu werden, trug das Plastikband am Handgelenk. Die meisten Angestellten des Tourorganisators ASO, die als Erste damit ausgestattet wurden, haben das Accessoire bis heute nicht abgelegt. Man muss dem Hersteller Lob zollen: Die gelbe Farbe will einfach nicht verbleichen, sondern strahlt wie am ersten Tag.

Bei der Tour de France 2009 kämpfen die Livestrong-Verkäufer um Aufmerksamkeit. Für wenig Geld („Ein Euro, nur ein Euro“) kann man ein gelbes Band erwerben. 130 000 sollen allein während dieser Tour verkauft worden sein. Mehr als 70 Millionen sind es nach Auskunft von Livestrong insgesamt seit 2004. Über den Hintergrund der Armbänder hüllen sich die Livestrong-Propagandisten in Schweigen. „Ich darf der Presse keine Auskunft geben“, ist die übliche Antwort. Selbst rund um die Etappenstarts, bei denen Livestrong gemeinsam mit dem Sportartikel-Multi Nike einen Stand unterhält, heißt es nur: „Wir sind instruiert worden, nichts zu sagen.“ Einzige Ansprechpartnerin sei die Nike-Sprecherin in Paris.

Das Band zwischen Nike und Livestrong ist noch enger als das zwischen Tour und Krebsstiftung. Nike-Designer haben das gelbe Band entwickelt, im Sortiment der Firma steht eine ganze Armstrong-Produktpalette – Laufschuhe, T-Shirts, Rucksäcke. Umsatzzahlen gibt Nike nicht heraus, man sei aber „zufrieden“ mit der Partnerschaft. Was Livestrong und Nike bei dieser Tour veranstalten, will die Nike-Sprecherin in Paris aber nicht verraten – die telefonisch versprochenen Auskünfte treffen nie ein. Ein großes Schweigen umgibt das Geschäft mit dem Radsport. Ein Schweigen, das verdächtig ist. Die Autoren David Walsh und Pierre Ballester unterstellen Livestrong seit längerem, dass gemeinnützige und kommerzielle Aktivitäten nicht ordentlich getrennt sind.

In ihrem Buch „Die schmutzige Tour“ bezeichnen sie die Stiftung als die Werbeagentur für den kommerziellen Teil des Unternehmens, der Wellness- und Gesundheitsprodukte verkauft. Zweifel an der Lauterkeit der Stiftung weckte zuletzt der Fall des 15-jährigen Jonathan White. Die Livestrong-Website feierte den Jungen als tapferen Überlebenden eines Hirntumors und lancierte eine Spendenkampagne in Whites Namen. Jetzt musste Livestrong-Mitarbeiterin Gena Solar kleinlaut zugeben: „Ich habe mich geirrt. Ich habe gedacht, mit dem Vater und später dem Stiefvater von Jonathan White zu sprechen. Aber gestern erhielt ich eine E-Mail, in der stand, dass Jonathan White nicht existiert.“ Solar war einem Fake aufgesessen. Livestrong hatte einen spektakulären Fall zur Spendenmaschinerie umgebaut, ohne den Hintergrund abzuklären.

Selten wurde ein guter Zweck mit so klar eigennützigen Interessen befleckt wie im Falle Armstrong/Livestrong. Der Amerikaner nutzt die Aktivitäten seiner Stiftung, um sich in einem anderen, besseren Licht darzustellen. Er nutzt sie auch als Plattform zur Sponsorensuche für ein Radsportteam: Am Donnerstag will er einen neuen Sponsor vorstellen.

Den Toursieg könnte sich dann jedoch Alberto Contador sichern. Armstrong fiel auf der 17. Etappe auf den vierten Platz in der Gesamtwertung zurück, sein Rückstand beträgt 3:55 Minuten. Die Etappe gewann der Luxemburger Frank Schleck.

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