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Wohin des Wegs? Thomas Tuchel nahm sich nach seinem Engagement bei Borussia Dortmund eine Auszeit.

© dpa

Trainer vor Wechsel in die Premier League: Wie Bayern München Thomas Tuchel verpasste

Trainer Thomas Tuchel hat dem FC Bayern wohl eine Absage erteilt – weil er schon bei einem anderen Topklub im Wort steht.

Es war ein bisschen ruhig geworden um Thomas Tuchel in den vergangenen Wochen. Hier tauchte ein Foto von ihm in Dandy-Aufmachung aus New York auf und da eins mit Rollkoffer auf irgendeinem Flughafen, gern versehen mit dem Hinweis, er statte seinem neuen Klub gerade einen Antrittsbesuch ab. Paris, London, München. Was man halt so sieht und liest von arbeitslosen Fußballtrainern.

Bis dieser Thomas Tuchel dann vorige Woche in Dortmund einen viel beachteten Auftritt vor dem Landgericht hatte. Mit Schirmmütze, grauem Jackett und der bemerkenswerten Aussauge, er wäre immer noch Trainer von Borussia Dortmund ohne jenen Bombenanschlag vom April 2017 auf den Mannschaftsbus, der gerade vor Gericht verhandelt wurde.

Nun ist Tuchel seinen Job beim BVB keineswegs nur wegen der schweren atmosphärischen Störungen in Folge des Attentats losgeworden. Bei seiner Zeugenaussage wirkte er konzentriert und aufgeweckt und voller Tatendrang, was sich viele damit erklärten, dass er sich mit dem FC Bayern München so gut wie einig sei. Aber Tuchel ist Tuchel und die Sphinx dagegen leicht zu durchschauen. Am Sonntag nun berichteten Zeitungen, Magazine und Sender flächendeckend, er werde mitnichten nach München gehen und habe dort vielmehr am Donnerstag abgesagt und hinterlassen, es ziehe ihn ins Ausland.

Der „Kicker“ bringt als neuen Arbeitgeber den FC Arsenal ins Gespräch, aber auch der Londoner Nachbar FC Chelsea ist in der Verlosung, dazu die stets verdächtigen Scheichs von Paris St. Germain mit ihren Rollkoffern voller Geld. Allen drei Klubs ist gemein, dass sie in dieser Saison weit hinter den in sie gesetzten Erwartungen geblieben sind. Der Baske Unai Emery hat es im Pariser Prinzenpark ebenso nur ein Jahr lang ausgehalten wie der Italiener Antonio Conte beim FC Chelsea an der Stamford Bridge. Das sieht bei Arsène Wenger ein wenig anders aus. Der Elsässer mit den zerfurchten Gesichtszügen steht dem FC Arsenal im Londoner Stadtteil Highbury nun schon im 22. Jahr vor. Im Oktober 2019 wird er 70, und alle Jahre wieder wird über seinen Rückzug spekuliert. In diesem Frühling könnte er Wirklichkeit werden. Wenn er sich denn selbst einen Nachfolger aussuchen würde – und niemand außer der allmächtige Wenger könnte den allmächtigen Wenger in Frage stellen –, dann wäre Tuchel eine logische Wahl.

Er gilt zwar als schwieriger Mensch

„Wenger hat die Spieler verloren“, hieß es neulich in der „Daily Mail“ nach der desaströsen Niederlage im Ligapokal-Finale gegen Manchester City. „Dieser Arsenal-Kader kämpft gegen die Durchschnittlichkeit, er braucht einen Trainer, der für Spiele wie diese einen genauen Spielplan entwickeln kann. Leider ist Wenger einfach nicht dieser Mann.“

Tuchel könnte es sein. Er gilt zwar als schwieriger Mensch, aber seine fachlichen Fähigkeiten sind unbestritten. Tuchel hat das Wort „Matchplan“ in die deutsche Fußballsprache eingeführt. Er kann das System seiner Mannschaft während eines laufenden Spiels mehrfach ändern, lebt für den Fußball und ordnet ihm alles unter. Pep Guardiola hätte ihn bei seinem Abschied im Frühling 2016 gern als Nachfolger beim FC Bayern gesehen, aber da stand Tuchel schon bei Borussia Dortmund im Wort und unter Vertrag. Gerade erst hat Jupp Heynckes, der Elder Statesman in Trainingsjacke, seinem Herzensklub eine Verpflichtung Tuchels ans Herz gelegt. Heynckes’ Expertise ist in München bekanntlich über alle Zweifel erhaben, wahrscheinlich hätte er den Bayern auch seinen Schäferhund Cando als neuen Mittelstürmer andienen können.

Also, heißt es, habe die Klubspitze am Freitag ein offizielles Angebot an Tuchel am Telefon übermittelt. Und kam damit wohl zu spät. Tuchel soll schon im Wort stehen, vielleicht bei Chelsea oder PSG, wahrscheinlich beim FC Arsenal. Die englische Boulevardpresse ersann bereits das interessante Wortspiel „Tuch No“, wobei „Tuch“ mutmaßlich für den bei Arsenal einst gepflegten One-Touch-Football steht, das Spiel mit einem Kontakt, und „No“ für Tuchels Nein Richtung München.

So genau weiß man das nicht, noch nicht. Sicher ist nur, dass eine Absage Tuchels an den FC Bayern eine ziemliche Blamage für den Deutschen Endlosmeister wäre. Die Münchner Klubführung würde sich bloßgesellt sehen als eine Riege entscheidungsschwacher älterer Herren, die vergeblich auf ein Jawort eines noch älteren Herren wartet und dabei die jüngere Trainergarde völlig ignoriert hat. Das könnte noch ein interessanter Frühling werden, auch wenn die Bundesliga wie immer um diese Jahreszeit sterbenslangweilig ist.

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