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Relikt aus besseren Tagen. Der Kopfschutz von Darin Olver liegt verwaist auf dem Eis. Auch Olver konnte in dieser Saison nicht an die Leistungen der Vergangenheit anknüpfen – der Stürmer erzielte in 52 Spielen lediglich zehn Tore.

© imago

Umbau bei den Eisbären: Helm sucht Kopf

Nach dem frühen Saisonaus in den Pre-Play-offs stehen die Eisbären vor dem Umbruch – das Team des DEL-Rekordmeisters braucht neue Leistungsträger.

Bei den Eisbären Berlin herrscht Redebedarf. Nach dem erneut viel zu frühen Saisonende werden sich Trainer Uwe Krupp, Manager Peter John Lee und der Sportliche Leiter Stefan Ustorf dieser Tage zusammensetzen und analysieren, warum der Verein derzeit nicht mehr zu den besten in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) gehört. „Wir planen nicht, jedes Jahr Meister zu werden. Aber natürlich sind wir alle unzufrieden mit der Situation“, sagte Lee nach der 2:3-Niederlage bei den Nürnberg Ice Tigers am Sonntag, der das Saisonaus schon in den Pre-Play-offs bedeutete. Krupp meinte: „Wir müssen uns schon ein paar Fragen stellen und werden sicherlich einiges ändern.“ Der Coach wurde auch gleich konkret: „Wir haben individuell gute Spieler, aber zuletzt stimmte die Mischung einfach nicht mehr.“

Das klingt nach einem spürbaren Umbau der Mannschaft. Und der dürfte nicht nur die Spitze, sondern vor allem die Balance im Team insgesamt betreffen. Denn zuletzt wurde immer wieder deutlich, dass die Eisbären Ausfälle ihrer Leistungsträger kaum kompensieren können. „Du planst nicht mit fünf, sechs Verletzten. Unsere Stammkräfte haben in den vergangenen zwei Saisons insgesamt 220 Spiele verpasst. Das darf man nicht vergessen“, sagte Lee. „Richtig ist aber, der Kader muss künftig breiter werden.“

Die Eisbären brauchen wieder ein glücklicheres Händchen bei Spielerverpflichtungen

Die Berliner werden nun also wohl investieren. Das erfordert aber, dass sie sich wieder gezielter auf dem internationalen Spielermarkt umschauen. Die jüngsten Transfers, gerade was die ausländischen Profis angeht, waren eher semioptimal. Das wurde insbesondere in der Verteidigung deutlich, wo Spieler wie Casey Borer oder Jimmy Sharrow einfach nicht das Format der früheren Top-Abwehrspieler Deron Quint und Richie Regehr haben. Doch auch Stürmer wie Mark Bell oder Matt Foy enttäuschten überwiegend, wenn sie denn überhaupt einsatzfähig waren. Damit die Eisbären in Sachen Transfers künftig wieder ein glücklicheres Händchen haben, verspricht Krupp: „Ich werde natürlich ein Wort mitreden bei der Kaderplanung, aber wir machen das im Team mit Peter John Lee und Stefan Ustorf.“

Krupp hat allerdings noch ein weiteres Problem ausgemacht. „In Sachen Hierarchie liegen wir zwischen den Generationen. Früher hatten die Eisbären Leute wie Denis Pederson oder Steve Walker.“ Die derzeitigen Leitfiguren bleiben in Sachen Führungsqualitäten hingegen schon seit Längerem blass. Wobei Krupp zu bedenken gibt, „dass die Pedersons und Walkers nicht so leicht zu finden sind und auch ihre Zeit gebraucht haben“.

Bei den Eisbären gibt es zu viele Spieler, die sich auf ihren Lorbeeren aus der Vergangenheit ausruhen

Eine Blutauffrischung wird allerdings nötig sein, im aktuellen Team gibt es einfach zu viele Spieler, die sich nur noch auf ihren Lorbeeren aus der Vergangenheit ausruhen. Stürmer Barry Tallackson beispielsweise hat es in 51 Spielen auf ganze elf Tore gebracht, bei Darin Olver waren es zehn in 52 Spielen und Travis Mulock kam in der kompletten Saison gar nur auf sieben Treffer. Auch Verteidiger Jens Baxmann enttäuschte über weite Strecken und blieb deutlich unter seinen Möglichkeiten. „Über Verträge reden wir in den nächsten Tagen“, kündigte Lee bereits an. Konkret will sich der Manager zu dem Thema derzeit noch nicht äußern – zumal es nicht so leicht werden dürfte, sich von Spielern zu trennen, die der Verein gerade erst langfristig an sich gebunden hat.

Dabei ist die momentane Verfassung der Eisbären nicht allein auf Formschwächen ehemaliger Meisterspieler zu reduzieren. Die einstige Siegermentalität ist den Berlinern nämlich inzwischen ebenfalls komplett abhandengekommen. Immer wieder brachten sich die Berliner durch individuelle Aussetzer um den Lohn ihrer Arbeit. Konstanz war über weite Strecken der Saison ein Fremdwort. „Es ist so ärgerlich, dass wir zwar gekämpft haben, aber gleichzeitig Angst vor Fehlern hatten“, sagte Frank Hördler. Der 30-Jährige war noch der zuverlässigste Abwehrspieler bei den Eisbären, die DEL wählte ihn am Samstag zum besten Verteidiger der Saison. Er fordert nach dem frühen Saisonende: „Trainer und Manager müssen sich jetzt Gedanken machen.“

Das dürfte auch die Nachwuchsarbeit betreffen. Seit einiger Zeit schon produzieren die Eisbären kaum noch Talente im eigenen Verein. Dabei ist der Kader insgesamt durchaus jung, doch das Potenzial der Talente Jonas Müller, Kai Wissmann oder Sven Ziegler scheint begrenzt. Bleibt also tatsächlich nur der Radikalumbruch? Trainer Uwe Krupp widerspricht: „Wir können jetzt nicht einfach komplett neu durchladen, der Verein stand immer für Kontinuität und die ist auch künftig gefragt.“ Zumindest aber sollte die Zeit des Schönredens bei den Eisbären nun endgültig vorbei sein.

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