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Sport: Ungefährdet durch die Luft

Sigurd Pettersen gewinnt drei von vier Springen, die Deutschen sind so schlecht wie zuletzt vor zwölf Jahren

Bischofshofen. Die letzte Gefahr lauerte am Boden. So schnell rannte der Skispringer Sigurd Pettersen vor dem zweiten Durchgang durch einen schmalen Gang an der Paul-Ausserleitner- Schanze von Bischofshofen, dass er drohte, auf dem schneeglatten Boden auszurutschen. Er selber erkannte die Gefahr nicht, sondern drehte sich noch im Vorbeilaufen einigen Bekannten zu und rief: „Wir sprechen später!“ Der 23- Jährige, der immer so nervös vor seinem ersten Sprung ist, hatte es eilig, wieder hoch auf die Schanze zu kommen. Er grinste dabei jedoch über das ganze Gesicht, weil er wusste: Er hatte die Vierschanzentournee bereits vor dem letzten Sprung gewonnen.

In der Luft kann Sigurd Pettersen gegenwärtig nichts gefährden. Entsprechend locker flog der Norweger im zweiten Durchgang so weit wie kein anderer. Seine Sprünge auf 132,5 und 133,5 Meter brachten Pettersen im vierten Springen der Vierschanzentournee den dritten Sieg. Kein anderer sprang derart konstant. Entsprechend groß war schließlich sein Vorsprung in der Gesamtwertung: 35,1 Punkte. Am nächsten kam ihm noch der Österreicher Martin Höllwarth, der in Bischofshofen auf Rang fünf landete. Zu den positiven Überraschungen dieser Tournee zählt auch der Dritte der Gesamtwertung, der Slowene Peter Zonta, der in Bischofshofen auf Rang zwei sprang. Er hatte in Innsbruck mit seinem Sieg verhindern können, dass Pettersen wie Sven Hannawald vor zwei Jahren alle vier Springen gewinnt.

Eine Bilanz, die Hannawald seit gestern wie eine Nachricht aus einer anderen Epoche vorkommen muss. Der 29-Jährige sprang in Bischofshofen lediglich auf Rang 22 und schwänzte enttäuscht auch noch das abschließende Fernseh-Interview. Auch Martin Schmitt behielt mit Rang 16 sein Leistungsniveau dieser Tournee bei. „Vielleicht haben wir im Sommer zu viel trainiert“, mutmaßte Schmitt. So mäßig war das Ergebnis der beiden deutschen Stars, dass Bundestrainer Wolfgang Steiert zum ersten Mal in den zehn Tagen der Tournee selbstkritische Worte fand. „Ich muss mir an die eigene Nase fassen, dass die beiden Topstars nicht vorne dabei sind.“

Abgesehen von Georg Späths drittem Platz in Garmisch-Partenkirchen belegte das deutsche Team keinen einzigen der Spitzenplätze. Dies ist die schlechteste Bilanz bei einer Vierschanzentournee seit der Saison 1991/92, als es kein einziger deutscher Springer unter die ersten drei schaffte. Immerhin haben Georg Späth und Michael Uhrmann zur Weltspitze aufgeschlossen. Die beiden Zimmergenossen belegten im Gesamtklassement die Plätze sechs und sieben. „Das waren sehr, sehr schöne Tage für mich“, sagte Späth, der in Bischofshofen mit Rang sechs erneut bester Deutscher war. Mit seinen guten Leistungen zog der 23-Jährige erstmals die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich. „Ich genieße den Rummel“, sagte der Oberstdorfer Späth. Auch Michael Uhrmann freute sich: „Ich wäre gerne einmal auf dem Podest gestanden, aber sonst war es eine sehr gute Tournee.“ Und dann war da noch der 19 Jahre alte Maximilian Mechler, der sich in der Gesamtwertung sogar an Sven Hannawald vorbei schob und vor ihm auf Rang elf landete.

„Ich bin zufrieden mit der geschlossenen Mannschaftsleistung“, erklärte Steiert. Bei seinem Dienstantritt habe er die Vorgabe bekommen, für die Jahre 2005/2006 eine schlagkräftige Truppe aufzubauen. Nun liegen im Gesamtklassement vier deutsche Springer unter den ersten zwölf. Allerdings hat er im Moment niemand, der auf einen der vorderen Plätze springen kann.

Dafür war eigentlich Sven Hannawald zuständig. Doch der sensible deutsche Star sprang bei der Tournee immer tiefer in die Krise. „Sven ist nicht hundertprozentig stark im Kopf“, sagte Steiert, „wenn er keine gute Form hat, ist er auch nicht mehr gut im Kopf.“ Erste Überlegungen, dass der 29-Jährige womöglich sogar vor seinem Karriereende stehen könnte, dementierte der Bundestrainer. Er habe in der Vorbereitung mit Hannawald gesprochen. Die WM 2005 und die Olympischen Spiele im Jahr darauf hätten sie sich dabei als Ziele vorgenommen. „Und es wartet noch ein goldener Februar mit vielleicht vielen Höhepunkten auf uns“, sagte Steiert. Immerhin, seinen Daueroptimismus hat sich der Bundestrainer durch seine erste Vierschanzentournee in hauptverantwortlicher Position nicht verleiden lassen.

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