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Sport: Unumstritten ist nur der Anpfiff

Mit Gesetzen und Regeln ist es theoretisch einfach. Wer sie bricht, wird bestraft.

Mit Gesetzen und Regeln ist es theoretisch einfach. Wer sie bricht, wird bestraft. Bei der Strafe allerdings kommt der Faktor Mensch ins Spiel. Niemand würde behaupten, dass sämtliche Gerichte der Welt immer gesetzestreue Urteile fällen. Warum also, auf den Fußball übertragen, wird von den Schiedsrichtern das Unmögliche erwartet?

Problem im Fußball ist, dass ein Schiedsrichter mit einem Pfiff viel beeinflussen kann. Es fallen weniger Treffer als in anderen Sportarten, deshalb kann ein Elfmeterpfiff so spielentscheidend sein wie ein nicht gegebenes Tor nach vermeintlich passiver Abseitsstellung. Auch kann eine Rote Karte ein Team spielentscheidend schwächen. Nach diesem Bundesliga-Wochenende tobt wieder der Streit über die Auslegung der passiven Arbeitsregel und die Bestrafung mit Roter Karte und Elfmeter für die Notbremse. Lutz Michael Fröhlich, Abteilungsleiter für Referees beim DFB, drängte am Montag darauf, diese doppelte Strafe abzuschaffen.

In Köln fühlte sich Hannover um das Tor zum 1:1 betrogen, in Schalke wurde Torwart Ralf Fährmann nach Foul im Strafraum vom Platz gestellt. Zwei Situationen, zwei Diskussionen: Die Regel zum passiven Abseits ist klar formuliert, auch gibt es Beispiele im Ergänzungswerk, die ihre Anwendung verdeutlichen sollen. Der Platzverweis gegen den Torwart nach einer Notbremse ist eindeutig festgeschrieben. Doch was nützt das, wenn der Mensch ins Spiel kommt und die Regel „auslegt“? Die Entscheidung des Schiedsrichters entsteht in letzter Instanz in seinem Kopf. Denn kein Spiel, keine Situation ist gleich. Das Regelwerk geht in seinen Nuancen von etwas aus, das es nicht gibt. Klare Regeln erfordern klare Situationen, in der Realität gibt es unterschiedliche Situationen und somit unterschiedliche Interpretationen. Hinzu kommt der psychologische Faktor. Ein Mensch lässt sich von seinem Umfeld mindestens unbewusst beeinflussen. Tobende Zuschauer sind ein Faktor, der gegen die Entscheidungshoheit des Schiedsrichters arbeitet.

Die in der Bundesliga geführten Debatten über das Können der Unparteiischen sind daher müßig. Kaum ein Verantwortlicher dürfte das Regelwerk so parat haben wie die Schiedsrichter selbst. Aber in der Realität ist es so: Der einzige Pfiff, der keinen Diskussionsspielraum lässt, ist der Anpfiff. Beim Abpfiff verhält es sich schon anders, da kann gestritten werden, ob der Unparteiische nicht kürzer oder länger hätte nachspielen lassen müssen.

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