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Hallo, Köln, bitte melden! Schiedsrichter Stieler beim Eröffnungsspiel am Freitag.

© Schiffmann/AFP

Videobeweis: Da gibt’s nichts zu sehen

Bei der Premiere des Videobeweises in der Bundesliga kommt es zu gravierenden technischen Problemen. Nur ein Hertha-Verteidiger ist begeistert.

Sebastian Langkamp war nervös. Er redete auf den Schiedsrichter ein, aber das half auch nicht, um die Zeit zu überbrücken, diese kleine Ewigkeit, die in Wirklichkeit nur eine halbe Minute dauerte. Es war die Ungewissheit, die Langkamp, den Innenverteidiger von Hertha BSC, quälte: Würde es kurz vor Schluss noch einmal einen Elfmeter für den VfB Stuttgart geben – und damit die Gelegenheit für den Aufsteiger, auf 1:2 zu verkürzen?

Schiedsrichter Sascha Stegemann drückte auf den Ohrstöpsel, um die Nachricht des Videoassistenten besser hören zu können. „Es hat ein bisschen gedauert, bis der Funk von Köln nach Berlin gekommen ist“, berichtete Langkamp später. Dann kam die Information: Foul ja, aber außerhalb des Strafraums. Kein Elfmeter für Stuttgart, nur Freistoß. „War toll“, sagte Langkamp über seine ersten Erfahrungen mit dem Videobeweis. „Ich dachte erst: Es gibt Elfmeter.“

So euphorisch wie der Profi von Hertha BSC haben sich am Wochenende nur wenige über die Premiere des Videobeweises in der Fußball-Bundesliga geäußert. Bei den Spielen am Samstag hatte es gravierende technische Probleme gegeben. Was den Zuschauern in den Stadien verborgen geblieben war: Sowohl in Berlin, bei der Partie zwischen Hertha und dem VfB Stuttgart, als auch in Sinsheim (TSG Hoffenheim gegen Werder Bremen) und in Hamburg (HSV gegen den FC Augsburg) war der Videoassistent zunächst gar nicht zum Einsatz gekommen.

In der zweiten Halbzeit funktionierte er immerhin in den Stadien in Sinsheim und Berlin. Bei der Partie in Hamburg fiel das technische Hilfsmittel komplett aus. Zudem stand bei keinem einzigen Samstagsspiel die zur Unterstützung bei Abseitsentscheidungen vorgesehene kalibrierte Hilfslinie zur Verfügung.

DFL will Probleme "schonungslos" offenlegen

Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) hat mit harscher Kritik auf die technischen Probleme des Dienstleisters Hawkeye reagiert, der in der Bundesliga auch für die (bisher einwandfrei funktionierende) Torlinientechnik verantwortlich ist. Für die DFL sei diese Situation nicht hinnehmbar. Anfang der Woche werde es zu einem Gespräch mit der Geschäftsführung von Hawkeye kommen. Dabei „sollen die Hintergründe der technischen Schwierigkeiten schonungslos offengelegt und die Konsequenzen für das weitere Vorgehen besprochen werden“, heißt es in einer Pressemitteilung der DFL.

Verwunderlich sind die Probleme auch deshalb, weil es eine einjährige Testphase für den Videobeweis gegeben hatte. Trotzdem war es schon bei der Generalprobe, vor zwei Wochen im Supercup zwischen Borussia Dortmund und Bayern München, zu Problemen mit den kalibrierten Hilfslinien gekommen. Danach hatte die DFL noch einmal viel Geld investiert, um die Mängel beheben zu lassen.

„Mit der Technik müssen sie noch ein wenig üben“, hatte der Hoffenheimer Trainer Julian Nagelsmann nach dem Spiel in Sinsheim süffisant gesagt. Der Ausfall des Videoassistenten in der ersten Halbzeit hätte beinahe fatale Folgen für die TSG gehabt – wenn Bremens Florian Kainz aus fünf Metern nicht am leeren Tor vorbeigeschossen hätte. „Zum Glück war der Ball nicht drin, denn es war Abseits“, sagte Nagelsmann erleichtert. Auch sonst blieben krasse Fehlentscheidungen am Samstag aus. „Wenn die Referees richtige Entscheidungen treffen, braucht man keinen Videoassistenten“, sagte Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus im ZDF-Sportstudio. Trotzdem bezeichnete sie die Situation als „unbefriedigend“.

Schiedsrichter Stieler nutzt die Rückversicherung

Dabei hatte am Freitag alles so gut angefangen. Bei der Bundesligapremiere zwischen Bayern München und Bayer Leverkusen hatte das Zusammenspiel zwischen Schiedsrichter und dem neuen technischen Hilfsmittel in einer Schlüsselszene noch gut funktioniert. Schiedsrichter Tobias Stieler hatte ein Halten des Leverkuseners Charles Aranguiz an Robert Lewandowski im Strafraum nicht eindeutig wahrgenommen. „Vom Gefühl her war da was. Aber ein Elfmeter muss für mich hundertprozentig sein“, begründete Stieler, warum er zunächst nicht gepfiffen hatte.

Nach Rücksprache mit Videoassistent Jochen Drees, der am Bildschirm in Köln die Szene überprüfte, entschied er dann doch auf Strafstoß. „Wir kamen rasend schnell zu der richtigen Erkenntnis, dass es Strafstoß für Bayern München geben muss“, sagte Stieler. Laut DFB dauerte der komplette Vorgang vom Foul bis zum Elfmeterpfiff 36 Sekunden. „Das ist genau die Situation, wo der Videoassistent helfen kann, den Fußball gerechter zu machen“, sagte Stieler. (mit dpa)

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