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Sport: Vierschanzentournee: "Skispringen muss einfacher zu verstehen sein"

Thorbjörn Yggeseth (67) ist Vorsitzender des Sprungkomitees des Internationalen Skiverbandes. Der Norweger war selbst Skispringer.

Thorbjörn Yggeseth (67) ist Vorsitzender des Sprungkomitees des Internationalen Skiverbandes. Der Norweger war selbst Skispringer.

Warum werden heute wieder einige Millionen Menschen den Fernseher einschalten, um die Vierschanzentournee zu verfolgen?

Weil der Sieg bei der Vierschanzentournee das wichtigste Ereignis im Skispringen ist. Wichtiger als der Sieg bei den Olympischen Spielen.

Aber was macht das Skispringen für die Fernsehzuschauer so attraktiv?

Das hängt damit zusammen, dass wir uns an das Fernsehen angepasst haben. Außerdem ist die Sportart in der Öffentlichkeit immer imponierender geworden. Die Sprünge gehen immer weiter.

Wie weit sind Sie denn früher geflogen?

Mein Rekord liegt bei 138 Metern. Aber das war in Vikersund in den 60ern, heute fliegt man über 200 Meter durch die Luft.

Wie kam es dazu?

Wir haben beim Helm und dem Skianzug die aerodynamischen Verhältnisse verbessert. Das ist ein wichtiger Teil, um fliegen zu können. Und der V-Stil hat sich als eine günstige Revolution erwiesen.

Warum?

Wegen der Sicherheit. Die Geschwindigkeit ist das Gefahrenmoment in unserem Sport. Früher ist man mit 117 Stundenkilometern Anlaufgeschwindigkeit maximal 185 Meter gesprungen. Heute landet man, obwohl man nur mit 100 Stundenkilometern abspringt, bei über 200 Meter. Das ist der V-Stil, er macht das Fliegen stabiler und sicherer.

Warum konnte sich die Vierschanzentournee in den letzten Jahren zu einem derartigen Fernsehereignis entwickeln?

Wir haben gelernt, die Veranstaltung in einem Zeitrahmen zu organisieren. Früher hatten wir 120 Teilnehmer, das hat sich gezogen. Heute haben wir durch die Qualifikation am Vortag nur noch die besten 50 Springer dabei. Nach zwei Stunden ist alles vorbei, wie bei einem Fußballspiel.

Welche Rolle spielt der Fernsehsender RTL?

Eine riesige. RTL finanziert die deutsche Mannschaft. Skispringen war früher der Sport der drei nordischen Länder Schweden, Finnland und Norwegen. Inzwischen liegt der Mittelpunkt des Skispringens aber in Deutschland. Hier gibt es 80 Millionen potenzielle Fernsehzuschauer, das ist Wahnsinn. In Deutschland ist die Aufmerksamkeit am größten.

Wie wird sich das Skispringen weiterentwickeln?

Der Charakter wird so bleiben. Aber die Bewertung muss für die Nicht-Experten einfacher zu verstehen sein. Es ist für Frau Schmidt aus Hamburg schwer zu verstehen, warum die Sprungrichter erst Fehlerpunkte von 60 abziehen, und dann die Wertungen von drei Sprungrichtern addiert werden. Meiner Ansicht nach sollte die Sprungweite gemessen werden, und dann sollten Punkte für Fehler bei der Landung abgezogen werden.

Das würde aber viele Sprungrichter überflüssig machen.

Ja, die fürchten um ihren Job. Aber so müssten wir keine Sprungrichtertürme bauen, die wir momentan von sämtlichen Schanzenbesitzern verlangen. Diese Türme sind teuer und hinterlassen in der Umwelt keinen positiven Eindruck.

Können Sie als Vorsitzender der Sprungkommission der FIS eine solche Regeländerung nicht durchsetzen?

Das geht nur demokratisch. Jeder nationale Skiverband hat eine Stimme. Aber es kommt langsam, wir machen im Frühjahr einen Kongress, da wird das Thema sein.

Was könnte sich noch ändern?

Die Aktiven, die Schanzenbesitzer und die Funktionäre möchten, dass immer weiter gesprungen wird. Aber es wäre für manche Veranstalter wegen der hohen Kosten tödlich, wenn sie die Schanzen vergrößern müssten. Außerdem braucht der Nachwuchs kleine Schanzen, damit er gefördert werden kann.

Wird auch die Kommerzialisierung im Skispringen weiter fortschreiten?

Das können nicht wir entscheiden. Wir kümmern uns nur um die sportliche Seite. Aber die Kommerzialisierung greift nicht in den Sport ein, erst wenn der Sieger einen riesigen Scheck erhält.

Die Kommerzialisierung greift doch in Gestalt des Fernsehens massiv in die Zeitplanung ein.

Aber das macht das Fernsehen auch beim Golf oder im Tennis. Das ist das 21. Jahrhundert.

Warum werden heute wieder einige Millionen Mensche

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