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Sport: Vorreiter einer neuen Bewegung

Teresa Rohmann schwimmt in Berlin Weltjahresbestzeit – und auch Marco di Carlis Zeit kommt bald

Berlin - Marco di Carli klatschte bedächtig. Gerade kam Teresa Rohmann in den Presseraum der Schwimmhalle an der Landsberger Allee, wo di Carli schon saß, und Rohmann war noch besser geschwommen als er. Teresa Rohmann von der SSG Erlangen, 16 Jahre alt, hatte bei den Deutschen Meisterschaften in Berlin die 200 m Lagen in 2:12,05 Minuten gewonnen. Weltjahresbestzeit bedeutete das. Sie lag damit vier Sekunden unter ihrer persönlichen Bestzeit. Di Carli hatte auch gewonnen, die 100 m Rücken in 54,76 Sekunden, der 19-Jährige hatte dabei den Wuppertaler Thomas Rupprath besiegt, obwohl der in persönlicher Bestzeit angeschlagen hatte. Aber der Hamburger liegt nach seinem Sieg nur auf Platz fünf der aktuellen Weltrangliste.

Ralf Beckmann, dem Chef-Bundestrainer, ist das ziemlich egal. Ihm ist viel wichtiger, was di Carli und Rohmann darstellen: „Vorreiter einer neuen Bewegung“ nämlich, die aktuell Besten einer neuen Generation. Talente, welche die etablierte Szene attackieren, manchmal sogar aufmischen. Solche Leute braucht Beckmann. Talente, die hungrig sind und belastbar.

Eigentlich ist Teresa Rohmann ziemlich sensibel. „Wenn sie mit mir Knatsch hat, beschäftigt sie das sehr“, sagt ihr Trainer Roland Böller. „Wenn es in der Schule nicht läuft, auch.“ Na ja, im Moment nicht. Rohmann ist von ihrer Realschule für die Olympiasaison für ein Schuljahr freigestellt, deshalb trainiert sie jetzt quasi wie ein Profi auf dieser harten Distanz, wo die Athleten einsam sind und sich mehr quälen müssen als andere.

Und wenn sie sich nicht am Knie verletzt hätte, als sie im Frühjahr 2003 aufs Motorrad ihres Physiotherapeuten steigen wollte, dann hätte sie sich schon für die Weltmeisterschaft 2003 qualifiziert. Davon ist Beckmann überzeugt. Aber diese sensible Jugendliche „kann im Wettkampf enorme Kräfte mobilisieren“ (Beckmann). Außerdem verliert sie bei den Wechseln der Stilarten sehr wenig Zeit. Das gibt ihr einen flüssigen Schwimmstil. „Wenn sie die Zeit von Berlin in Athen wiederholt, dann macht sie einen Riesenjob“, sagt Beckmann. Dann ist sogar ein Finalplatz möglich.

Von Marco di Carli erwartet er mehr, eine Steigerung seiner in Berlin geschwommenen Zeit. Denn der 19-Jährige ist „ein Killer“, sagt Ralf Beckmann. „Der steigert sich ganz enorm in ein Rennen rein, der gibt auf den letzten zehn Metern noch richtig Gas.“ Respekt vor großen Namen? Wozu, bitte? „Gut, andere haben große Namen, aber das heißt doch nicht, dass man sie nicht besiegen kann“, sagt der Abiturient. Die anderen, das sind für ihn „Herr Theloke“ und „Herr Driesen“, die Routiniers Stev Theloke und Steffen Driesen also, und so wie di Carli sie benennt, klingt es verdächtig ironisch.

Di Carli wirkt wie einer dieser abgeklärten Typen, die wissen, dass ihre Zeit bald kommen wird. Er steht dreimal in der Woche um 5.30 Uhr in der Hamburger Alster-Halle, er hat in Kürze mündliche Abiturprüfungen, er trainiert auch noch jeden Abend, und nach dem schriftlichen Abitur quälte er sich drei Wochen lang in der Höhe, aber di Carli sagt nur ziemlich lässig, dass alles o.k. ist.

„Der ist ein mentales Powerpaket“, sagt Cheftrainer Beckmann. „Der hat den Tunnelblick.“ Di Carli setzt auch seine Kräfte im Wasser da ein, wo sie etwas bewirken, sagt Beckmann. Bei den Kurzbahn-Europameisterschaften 2003 gewann der Hamburger die Bronzemedaille. Und bei den Olympischen Spielen in Athen? „Wenn alles gut läuft, dann kann er ins Finale einziehen“, sagt Beckmann zuversichtlich.

Steffen Driesen kann sich am Fernseher anschauen, ob das klappt. Der „Herr Driesen“ darf nämlich nicht nach Athen. Er hatte schon über 200 m Rücken das Olympiaticket verpasst. Und gestern wurde er nur Vierter. 34 Hundertstelsekunden hinter di Carli.

Heute im Fernsehen:

Deutsche Meisterschaften im Schwimmen in Berlin,

live in der ARD

RENNBEGINN 15.15 Uhr

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