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Sport: Vortrag in Zeitlupe

Frankreich wartet beim 0:0 gegen die Schweiz vergeblich auf einen Geniestreich von Zidane

Es ist eine alte Regel der Fairness, dass der Ball ins Aus gespielt wird, wenn ein Spieler verletzt auf dem Feld liegt. Normalerweise erhält die Mannschaft den Ball sofort zurück, wenn das Spiel mit einem Einwurf oder einem Abschlag fortgesetzt werden kann. Eine neue Variante erfand die Schweiz im Spiel gegen Frankreich, das torlos endete. Als in der 41. Minute der Franzose Henry verletzt am Boden lag, schoben die Schweizer den Ball so lange hin und her, bis das Publikum anfing, gellend zu pfeifen, weil es nicht wusste, was das sollte. Henry lag nämlich nicht auf dem Spielfeld, sondern außerhalb. So lag die Vermutung nahe, dass die Schweiz die Chance nutzen wollte, um sich mit des Gegners unausgesprochenem, aber anzunehmendem Einverständnis auszuruhen. Letztlich war die Szene nur Symbol für ein merkwürdiges Spiel, das wie in Zeitlupe zu vergehen schien.

Allerdings lag das gar nicht nur an den Schweizern, in erster Linie war es der Weltmeister von 1998, der eine Art Stop-and-go-Fußball bot. Manchmal wurde schnell und steil in die Spitze gepasst, allerdings ohne dabei große Gefahr auszulösen, viel öfter aber schoben sich die Franzosen die Bälle quer zu und hofften auf einen Geniestreich von Zinedine Zidane. Der aber blieb aus, und so war es nicht überraschend, dass die Schweizer nach kurzer Analyse des Spielverlaufs zu der Erkenntnis kamen, dass hier viel mehr drin gewesen wäre als nur ein Punkt.

Ihr unermüdlich ackernder Verteidiger Magnin brachte es auf den Punkt: „Man kann sagen, wir haben einen Punkt gewonnen – oder aber zwei verloren.“ Auch der junge Philipp Degen fand es schade, „dass wir ein bisschen zu vorsichtig begonnen haben, denn eigentlich spielen wir ja gerne nach vorne“. Das hatte die Schweiz während der WM-Qualifikation mehrfach unter Beweis gestellt, und auch die beiden Unentschieden gegen Frankreich (0:0, 1:1) aus der Qualifikation waren spielerisch bei weitem besser gewesen als das vom Dienstag. Aber anscheinend, spekulierte Trainer Jakob Kuhn, „hatten wir doch noch zu viel Respekt vor dieser großen französischen Mannschaft“, obwohl man sich in der Schweiz vor Beginn des Turniers einig wähnte, dass die Zeit der Angst vor den Franzosen vorbei sei.

Allzu streng aber wollte niemand mit der eigenen Leistung ins Gericht gehen, Degen bemängelte zwar noch die unnötig vielen „Ballverluste und das streckenweise unpräzise Spiel“, aber vor allem die Schweizer Hintermannschaft um Magnin, Senderos und Vogel verdienten sich doch auch gute Noten, schließlich stand da ja nicht irgendwer als Gegner herum, sondern eben die Franzosen, die allerdings ebenso unpräzise zu Werke gingen. Natürlich blieb auch die Hitze ein Thema. Kuhn hatte beobachtet, dass in der ersten Halbzeit die Franzosen aus dem Schatten heraus spielen konnten, während der Schweiz, wie Cabanas bestätigte, „die Sonne direkt in den Mund schien“.

Frankreichs Trainer Domenech gab auch dem Wetter die Schuld daran, dass das Tempo gering war, fand aber, dass „Zidane keine physischen Probleme hatte“. Kuhn hütete sich, negativ über die Franzosen zu reden. Aber als er feststellte, „meine Mannschaft hat zu viele Fehler im Spielaufbau gemacht, um den Gegner laufen zu lassen“ war klar, dass Kuhns Bezeichnung von der „großen französischen Mannschaft“ eher auf die Vergangenheit verwies.

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