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Sport: Vorwärts in die Krise

Der DTB geht mit dem alten Personal in eine schwere Zukunft

Von Benedikt Voigt

Berlin. Finanzchef Ulrich Kroeker prognostizierte gerade für das Jahr 2003 einen Einnahmerückgang von 35 Prozent, da kippten am Tisch des Landesverbandes Niederrhein die Gläser um. Es klirrte laut im Saal Potsdam des Hotels Inter-Continental, dabei dürfte die Finanzmisere niemanden überrascht haben. Längst ist bekannt, dass es dem Deutschen Tennis Bund (DTB) im 100. Jahr seines Bestehens schlecht geht. „Die Krise ist nicht selbst verschuldet“, sagte DTB-Präsident Georg von Waldenfels, und meint damit die Pleite des Sportvermarkters ISL, Dem Verband fehlen dadurch 10 Millionen Dollar Einnahmen pro Jahr. „Jetzt müssen wir damit umgehen“, sagt der Präsident.

Die Funktionäre und Vertreter der 18 Landesverbände gingen damit um, indem sie zusammenrückten und Unstimmigkeiten vermieden. Einstimmig bestätigten sie das alte Präsidium des DTB. „Ein Vertrauensbeweis“, sagte der alte und neue Präsident Georg von Waldenfels. Die Delegierten hatten seinen Bericht über die Krise ohne Wortmeldung hingenommen. „Ich verstehe, dass keine Fragen da waren“, sagte von Waldenfels, „wir haben vieles in persönlichen Gesprächen geklärt.“

Ein Punkt war nicht bekannt. Auf kuriosem Wege erfuhren die Delegierten, dass das Präsidium am Vortag beschlossen hatte, aus finanziellen Gründen im Jahr 2003 die deutsche Meisterschaft auszusetzen. Spielervertreter Christian Vinck wunderte sich über einen Antrag, in dem es hieß, dass die Wahl seines Amtes in Zukunft nicht mehr bei der deutschen Meisterschaft, sondern bei einem anderen Turnier durchgeführt werden solle. Warum, wunderte sich Vinck. Erst jetzt rückte Vizepräsident Günther Lang damit heraus: „Weil es im nächsten Jahr wahrscheinlich keine deutsche Meisterschaft gibt.“ Vinck nannte das „ein Armutszeugnis“. 120 000 Euro hatte die Meisterschaft zuletzt gekostet. Stattdessen muss der Verband eine Senioren-Weltmeisterschaft ausrichten, weil er sich beim Internationalen Tennisverband (ITF) dazu verpflichtet hat. Selbst Georg von Waldenfels war mit der Entscheidung nicht glücklich. „Es wäre mir lieber, wir könnten die Senioren-WM zurückgeben, eine deutsche Meisterschaft ist bei mir mehr wert als Senioren-Tennis.“ Der Protest gegen die Aussetzung der Meisterschaft war so groß, dass Vizepräsident Rolf Schmid später sagte: „Wir werden uns noch einmal zusammensetzen.“

Die Lage im DTB ist schlecht. Mit den 3,045 Millionen Euro, die der Verband beim Verkauf des Hamburger Frauenturniers einnahm, musste der Erhalt des Hamburger Herrenturniers gesichert und die verminderten Einnahmen im Jahr 2002 ausgeglichen werden. Alle Ressortleiter und Referenten mussten 15 Prozent der Kosten einsparen. Auch die Mitgliederentwicklung ist traurig. Seit dem Rekordstand von 2 299 553 aus dem Jahr 1994 sank die Mitgliederzahl kontinuierlich auf 1 901 968. Die wenigeren Mitglieder müssen demnächst mehr bezahlen. Der DTB beschloss in Berlin eine Erhöhung der Beiträge.

Und auch die Fernsehsituation ist für den Tennisbund nicht erfreulich. Der alte Vertrag läuft aus. Immerhin für die Übertragung des Daviscup-Spiels gegen Venezuela glaubt von Waldenfels, „sehr viel guten Willen bei ARD und ZDF“ zu erkennen. Wird der Tennisverband auch Geld für eine eventuelle Übertragung kassieren? „Davon ist mir nichts bekannt“, sagte von Waldenfels. Für die Masters-Turniere in Hamburg und Berlin sei die Fernsehsituation noch wesentlich härter.

Ob er auch noch länger als die nächsten drei Jahre Präsident des DTB sein werde, mochte von Waldenfels nicht sagen. „Ich möchte darüber nicht am Tag meiner Wiederwahl philosophieren.“ Er leugnet jedoch nicht, dass es kein Spaß ist, in diesen Tagen den Tennisverband anzuführen. Von Waldenfels sagt: „Ich bin 1999 unverschuldet in dieses Amt gekommen.“

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