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Sport: Weder Tattoos noch Drogen

Eines Tages werden sie ihm ein Denkmal bauen. Für den Malersohn aus dem Fränkischen, der auszog, die Basketballwelt zu erobern.

Eines Tages werden sie ihm ein Denkmal bauen. Für den Malersohn aus dem Fränkischen, der auszog, die Basketballwelt zu erobern. Und das ausgerechnet in eine Stadt, die bis dahin höchstens durch ihre übergroßen Steaks, eine längst verstaubte TV-Serie und die Ermordung von JFK bekannt war. Was Dirk Nowitzki für die Mavericks leistet, ist eine lebensgroße Bronzestatue wert, mindestens. In Dallas wissen sie das, nur der Rest der Profiliga NBA hat es noch nicht begriffen. Sein Trikot mit der Nummer 41 verkauft sich online und im NBA-Vorzeigeladen an der Fifth Avenue in New York noch schlechter als das des Knicks-Aufbauspielers Stephon Marbury, dem Garant für große Sprüche mit nix dahinter.

Seit neun Jahren arbeitet Nowitzki in der besten Liga der Welt, sein Trikot hat es bislang nicht über den elften Verkaufsrang hinaus geschafft. Bei der Abstimmung zum All-Star-Spiel nächsten Monat liegt er abgeschlagen hinter Yao Ming aus Houston. Der ist zwar gerade langzeitverletzt, aber seine chinesische Fangemeinde vergisst ihn nicht. Man kann lange darüber nachdenken, wo der Grund für diese Diskrepanz zwischen Arbeitsleistung und Anerkennung liegt. Vielleicht sind’s die fehlenden Tattoos? Die Abwesenheit eines Celebrity-Girlfriends? Nicht einmal ein kleines Eskapädchen außerhalb des Spielfeldes gibt es zu berichten, keine Trunkenheit am Steuer, keine Drogen. Wie langweilig.

Und zwischen den Körben bringt er Spitzenleistungen. 43 Punkte schenkte er den Indiana Pacers ein, und die Charakterisierung „Saisonrekord“ ist zu schwach, um zu beschreiben, was er da tat. Er riss in den letzten Minuten das Kommando an sich, humpelte mit verletztem Knöchel über das Feld, hielt in der Defensive All-Star Jermaine O’Neal in Schach und erzielte in der Verlängerung acht der zwölf Punkte seines Teams. Zwei Tage später ein neues Spiel, der alte Nowitzki: 38 Punkte gegen die Toronto Raptors, noch ein Duell, das die Mavericks in den letzten Minuten drehten. Sie sind derzeit das beste Team der Liga – und Nowitzki ist ihr bester Spieler.

„Es gibt keinen Grund, warum wir nicht jeden Tag auf den Knien rumrutschen sollten und Gott danken, dass er uns mit Nowitzki gesegnet hat“, schrieb ein Kolumnist der Lokalzeitung „Dallas Morning News“. Mavericks Headcoach Avery Johnson sagt: „Wenn es irgendwelche Fragen gibt, wer der Most Valuable Player der Liga ist, dann sollen sie einfach die Leistung von Nummer 41 noch einmal zeigen: auf einem Bein im vierten Viertel und in der Verlängerung. Dieser Typ ist einfach unglaublich.“ Und nach einer Kunstpause fügt er an: „Ich spreche übrigens von Nowitzki, falls jemand nicht weiß, wen ich meine.“ Vielleicht liegt es ja daran, dass ein 2,13-Meter-Mann nun einmal nicht so elegant aussieht wie ein Michael Jordan oder ein Kobe Bryant, wenn er seine Heldentaten vollbringt. Und so eine typische Art der Bewegung beim Versenken des Balls im Korb, wie Michael Jordans Dunk mit weit gespreizten Beinen, fehlt Nowitzki auch. Was den Entwurf eines eindrucksvollen Denkmals kaum leichter macht.

An dieser Stelle erklären die US-Korrespondenten und Sebastian Moll regelmäßig Phänomene aus dem amerikanischen Sport.

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