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Sport: Weite Wege

Die Deutschen können bei der Basketball-EM viel erreichen – aber es fehlt der Nachwuchs

Norrköping. Auf dem Rollfeld in Kopenhagen hätte die deutsche Basketball-Nationalmannschaft beinahe ihren ersten Rückschlag erlitten. Beim Umsteigen in eine Fokker 50 sah die deutsche Delegation im letzten Moment, wie ein Gepäckwagen mit den Koffern wegfahren wollte, die keinen Platz mehr in dem kleinen Flugzeug gefunden hatten. „Sportdirektor Brenscheidt musste eingreifen“, sagt Roland Geggus, „wir konnten die Taschen dann auf den Sitzen mitnehmen.“

Das Erlebnis von Kopenhagen kann dem Präsidenten des Deutschen Basketball-Bundes als Warnung dienen. Immer kann etwas Unvorhergesehenes passieren. Geggus hofft jedoch, dass bei der heute beginnenden Basketball-Europameisterschaft in Schweden alles nach Plan läuft und das deutsche Team am Ende einen der drei Plätze belegt, welche die Olympiaqualifikation bringen. „Die aktuelle Nationalmannschaft ist die beste, die wir je hatten“, sagt er. Die Mannschaft ist Mitfavorit, sogar der Europameistertitel ist möglich. Der Präsident hört das nicht gern. Er sagt: „Wir versuchen, die Favoritenrolle an Jugoslawien und Frankreich abzugeben.“ Allein, es will nicht so recht klappen.

Wer einen NBA-Star wie Dirk Nowitzki von den Dallas Mavericks in seiner Mannschaft hat, zählt bei einer Europameisterschaft zum Favoritenkreis. Doch auch Patrick Femerling, Ademola Okulaja, Mithat Demirel, Stefano Garris und Marko Pesic besitzen internationale Klasse. In der Vorrundengruppe B ist das deutsche Team hoher Favorit. Heute startet es um 15.15 Uhr (live im ZDF) in Norrköping gegen den Außenseiter Israel. Spätestens im Viertelfinale aber wartet voraussichtlich gegen den Zweiten der Gruppe C (Serbien und Montenegro, Russland oder Spanien) ein entscheidendes Spiel auf das deutsche Team. Dann zeigt sich, ob es mit der neuen Rolle umgehen kann. „Wir haben uns diese Rolle hart erkämpft“, sagt Demirel. Seit der Europameisterschaft 1999 in Frankreich, als das Team in ähnlicher Besetzung Platz sieben erreichte, strebt es kontinuierlich aufwärts. Bei der EM 2001 belegte die Mannschaft Rang vier, bei der Weltmeisterschaft 2002 holte sie Bronze.

Mit dem sportlichen Erfolg stiegen Popularität, Medieninteresse und Werbewirksamkeit. „Hallen unter 5000 Zuschauer sind zu klein geworden für uns“, sagt Geggus, „auch für die Mannschaft ohne Nowitzki.“ Doch die Erfolge der A-Nationalmannschaft verdecken auch manches. So fehlt es an gutem Nachwuchs in Deutschland. „Drei Wochen nach der EM werden wir eine Sitzung über den Nachwuchs abhalten“, sagt Geggus, „es muss etwas passieren.“ Im Sommer konnten sich sowohl die U18- als auch die U16-Nationalmannschaft nicht für die EM qualifizieren. Über die U20 sagt Geggus: „Das ist insgesamt kein guter Jahrgang.“ Selbst die Nationalmannschaft ist nicht so populär, dass alle Spiele bei der EM in voller Länge im Fernsehen übertragen werden. „Ich habe mit Entsetzen festgestellt, dass die ARD am Sonntag verspätet auf Sendung gehen will.“ Dabei sind alle Vorrundenbegegnungen der deutschen Mannschaft eigens auf den Nachmittag gelegt worden, um Live-Übertragungen zu ermöglichen. Ab dem Viertelfinale müsste jedoch auch abends gespielt werden. Noch ist nicht sicher, ob ARD oder ZDF diese entscheidenden Spiele auch live zeigen werden. Der Weg zu einer führenden Basketball-Nation ist für Deutschland noch weit. Da freut sich der Präsident lieber über das Erreichte. Immerhin, die wichtigsten Sporttaschen haben ihren Weg nach Norrköping gefunden. Geggus sagt: „Die Schuhe von Dirk Nowitzki sind auch dabei.“

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