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Sport: Wenn Amor mit Filzbällen spielt (Glosse)

So schnell kann man das Thema nicht zu den Akten legen. Es hat ja schon einen historischen Stellenwert, wenn da plötzlich unser aller stolze Steffi diesen kahlen Las-Vegas-Typen mit dem Bömmel am Ohr für hübscher und begehrenswerter hält als die Jungs hier in Mitteleuropa.

So schnell kann man das Thema nicht zu den Akten legen. Es hat ja schon einen historischen Stellenwert, wenn da plötzlich unser aller stolze Steffi diesen kahlen Las-Vegas-Typen mit dem Bömmel am Ohr für hübscher und begehrenswerter hält als die Jungs hier in Mitteleuropa.

Vor ein paar Jahren haben wir ja noch insgeheim gehofft, daß unser aller Boris mit unser aller Steffi einen vielversprechenden und kindergeldintensiven Hausstand gründen würde, auf den die Nation mit erwartungsfroher Wißbegierde geblickt hätte. Wie wir wissen, ist daraus nichts geworden.

Obgleich hier sicherlich im Hinblick auf den Nachwuchs im deutschen Tennis eine große Chance vertan wurde, halten wir das übrigens für einen Tatbestand, den wir beim besten Willen den Verantwortungsträgern im Deutschen Tennis Bund nicht unbedingt zum Vorwurf machen können. Solche interessanten Konstellationen ergeben sich schließlich nicht alle Tage, manchmal dauert es Generationen. Wir denken da beispielsweise an die Schnellläuferin und Horizontalspringerin Heide Rosendahl, die nach ihren zahlreichen Olympiamedaillen vor nunmehr bald drei Jahrzehnten mit einem amerikanischen Basketballspieler Tisch und Bett zu teilen begann. Was dabei herauskam, ist ein ungeplanter, wenn auch erstklassiger Stabhochspringer. Nicht schlecht, aber solche Zufälle sollten einfach nicht vorkommen, sondern von vornherein in die richtigen Bahnen gelenkt werden. Wozu haben wir denn die moderne Gentechnik?!

Natürlich hat jeder die gewaltige Diskussion verfolgt, die der Philosoph Peter Sloterdijk neulich zu diesem Thema entfesselte, die leider in Gefahr gerät, in der Theorie zu ersticken. Jeder Sportler sollte Sloterdijk als Pflichtlektüre verordnet bekommen. Nehmen wir beispielsweise die Boxweltmeisterin im Junior-Fliegengewicht Regina Halmich aus Mannheim: Solch ein begabtes Mädchen (22) sollte nicht einfach in die Hände eines x-beliebigen Fußball- oder Tennisspielers fallen, sondern von vornherein auf die ebenso einleuchtenden wie nützlichen Reize eines Berufskollegen wie Axel Schulz aufmerksam gemacht werden. Nur auf diese Weise entstehen neue Boxer aller Gewichtsklassen, auf die sich eine Zukunft bauen läßt.

Kann man das Fräulein van Almsick einfach so allein lassen mit einer Entscheidung, die den Schwimmsport der Zukunft in diesem Lande bestimmen würde? Was ist mit Jan Ullrich? Wird es sich nicht furchtbar rächen, daß die Kugelstoßerin Astrid Kumbernuss oder der Diskuswerfer Lars Riedel bei der Partnersuche sich selbst überlassen wurden und eine eventuelle Hilfe noch nicht einmal angeboten erhielten?

Das überwältigende Interesse, das die Verbindung zwischen der badischen Tochter und dem Wüstensohn aus Nevada hervorgerufen hat, beweist nur, dass es noch Dinge gibt, von denen man kaum zu träumen wagt. Wenn es wenigstens die Zeit der sauren Gurken gewesen wäre! Aber es sind die Tage der Champions-Liga, sie kegeln im Davispokal herum, Jan Ullrich fährt in Spanien vorneweg, es boxt Schulz gegen Klitschko, nicht zu vergessen die Formel 1. Es ist die Saison der großen Geschichten wie immer um diese Jahreszeit, aber die beiden haben sich beim Boxen öffentlich geküßt - natürlich nur als Zuschauer bei einem Boxkampf, damit da kein Missverständnis aufkommt! Na und? Steffi Graf und Andre Agassi: Beide haben in Paris gewonnen. Toll. Beide haben das Wimbledonfinale verloren. Toll. Und in der Zeitung steht, dass ungenannte Freunde behaupten, dass jetzt "alles möglich ist". Was meinen sie? Wahrscheinlich werden sie schöne Kinder haben.

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