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Sport: Werbung auf Eis

Der Übersetzer auf dem Podium in der Peaks Ice Arena war mit seiner Aufgabe ein wenig überfordert. Mehrfach musste er nachfragen: "Wie war die Frage noch einmal?

Der Übersetzer auf dem Podium in der Peaks Ice Arena war mit seiner Aufgabe ein wenig überfordert. Mehrfach musste er nachfragen: "Wie war die Frage noch einmal?" Einmal zitierte er die deutsche Eishockeyspielerin Julia Wierscher so: "Das Eröffnungsspiel gegen die USA war eine gute Vorbereitung - leider haben wir es nicht gewonnen." Das aber hat sie beim besten Willen nicht gesagt.

Es wäre wirklich zu vermessen gewesen. Nur die Einführung von Punktrichtern, die Haltungsnoten verteilen, könnte noch verhindern, dass die USA beim olympischen Eishockeyturnier der Frauen die Goldmedaille gewinnen. Zuletzt verlor die Mannschaft im Weltmeisterschaftsfinale 2001 gegen Kanada mit 2:3. Seitdem gab es 31 Siege in Folge. Das deutsche Team hat andere Ziele. Nach dem 0:10 gegen die USA verloren die Frauen auch gegen Finnland ihr zweites Gruppenspiel mit 1:3. Deutschland hat damit vor dem heutigen Spiel (22 Uhr MEZ) gegen China den Einzug in das Halbfinale des olympischen Eishockeyturniers verpasst. "Wir hatten den Traum, um Platz drei oder vier zu spielen", sagt Bundestrainer Rainer Nittel, "jetzt wartet eine andere Aufgabe auf uns." Bei der WM 2001 in Minneapolis hatte die Mannschaft Platz fünf erreicht, das soll nun auch in Salt Lake City gelingen.

Mehr zum Thema Fotostrecke: Bilder aus Salt Lake City Tagesspiegel: Alle Berichte von den Olympischen Winterspielen Newsticker: Aktuelle Nachrichten von den XIX. Winterspielen sowie weitere Sportmeldungen Die erstmalige Teilnahme an Olympischen Spielen bildet den Höhepunkt in der kurzen Geschichte des Frauen-Eishockeys in Deutschland. Das Nationalteam wurde erst 1988 gegründet. Der Sport fristet ein Exotendasein, nur 2500 Spielerinnen laufen in Vereinen dem Puck nach. "Wir hoffen, dass das deutsche Damen-Eishockey durch dieses Ereignis attraktiver wird", sagte Julia Wierscher. Die 30 Jahre alte Stürmerin aus Bergkamen erzielte gegen Finnland das erste Tor für ein deutsches Frauen-Eishockeyteam bei Olympischen Spielen. Ein bisschen Sportgeschichte für die Stürmerin, was allerdings nicht schwer ist bei einer so jungen Sportart.

Natürlich ärgerten sich die Deutschen, dass das erste Olympiator gegen Finnland erst im letzten Drittel fiel. Danach stand das Team kurzzeitig vor dem Anschlusstreffer, verpasste ihn aber. Julia Wierscher glaubt jedenfalls: "Langsam schließen wir die Lücke." Im Moment sind die skandinavischen und nordamerikanischen Mannschaften den Deutschen technisch und läuferisch voraus. "Ich glaube, dass wir grundsätzlich einen höheren Stellenwert haben werden, wenn die internationale Wettbewerbsfähigkeit da ist", sagt Bundestrainer Nittel. Es fehlt an Nachwuchs. "Wir brauchen eine bessere Ausbildung und mehr Wettbewerb auf höherem Niveau." Der Bundestrainer hofft, dass sich junge Mädchen durch die zeitweilige Live-Übertragung im deutschen Fernsehen angesprochen fühlen. Und zum Eishockeyschläger greifen.

Um den Sport professioneller ausüben zu können, sind zehn Nationalspielerinnen in die Bundeswehr eingetreten. Als Sportsoldatinnen können sie nun 80 Prozent ihrer Arbeitszeit dem Eishockey widmen. Sie wohnen in Füssen in einer Villa, die vom Bürgermeister gesponsert wird. Vor Olympia erhöhte sich die Zahl der Trainingsgäste in der Eishockey-Wohngemeinschaft zwischenzeitlich auf 25.

Für ideal erachtet der Bundestrainer eine Entwicklung, wie sie die 18-jährige Michaela Lanzl aus Geretsried nimmt. Die Schülerin spielt sowohl bei den Wanderers Germering im männlichen Juniorenteam als auch bei der Frauenmannschaft des SC Riessersee. Schon mit 13 Jahren gehörte die kleine Stürmerin zur Nationalmannschaft. Doch zu wenig Mannschaften erlauben es Frauen, bei Männern mitzuspielen. Maren Valenti durfte einmal beim DEL-Team Eisbären Berlin 51 Sekunden lang in einem Testspiel auflaufen. Das war vor vier Jahren nicht mehr als ein PR-Gag, allerdings mit bundesweiter Beachtung. Selten hat das Frauen-Eishockey in Deutschland in der Öffentlichkeit eine so große Rolle gespielt wie in den zwei Wochen, als Maren Valenti in Berlin mittrainierte. in Salt Lake City sollen nun einen sportlichen Aufschwung bewirken. Nittel sagt: "Olympia ist kein Endprodukt, sondern eine Anregung, mehr zu machen."

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