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Fähnchen im Wind. Hertha hat einen neuen Hauptsponsor.

© dpa/Soeren Stache

Wettanbieter als Hauptsponsor bei Hertha: Erst die Moral, dann das Fressen

Vor Amtsantritt als Herthas Präsident hat Kay Bernstein gesagt: „Geld von Wettanbietern wollen wir nicht, wir wollen kein Geld verdienen, in dem wir Menschen irgendwo hineinlocken.“ Nun ist ein Wettanbieter Hauptsponsor bei Hertha BSC.

Ein Kommentar von Claus Vetter

Kay Bernstein hatte klare moralische Vorstellungen, als er sich vor gut einem Jahr um das Amt des Präsidenten bei Hertha BSC bewarb. Etwa, was das Thema Wettanbieter als Sponsor betraf. In seinem ersten Interview mit einer Tageszeitung überhaupt, sagte Bernstein im Mai 2022 dem Tagesspiegel: Der Verein müsse erst einmal erklären, warum er „Sportwettenanbieter als Sponsoren für richtig hält. Vielleicht wird dann endlich darauf verzichtet, weil Hertha für eine Haltung stehen will.“ Sein Ansatz sei „klar“: „Geld von Wettanbietern wollen wir nicht, wir wollen kein Geld verdienen, in dem wir Menschen irgendwo hineinlocken.“

Seit Freitag hat der Fußball-Zweitligist nun einen neuen Hauptsponsor. Es ist – ein Wettanbieter. Bei Herthas erstem Heimspiel der Saison gegen den SV Wehen Wiesbaden prangte das Logo des neuen Mäzens, ausgerechnet ein weißes „B“ auf rotem Grund, also in 1.-FC-Union-Farben, auf der Brust der Spieler. Angeblich zwei Millionen Euro soll der Deal mit „Crazybuzzer“, auch schon Sponsor bei Waldhof Mannheim, pro Saison den Herthanern bringen. Der vorherige Trikotsponsor sprang nach dem Abstieg ab.

Frei nach Brecht lässt sich für Bernstein sagen: Erst kommt die Moral, dann das Fressen. Schließlich moralisiert es sich ja auch leichter, wenn man noch keine Verantwortung trägt.

Bernstein reiht sich mit seinem Wortbruch ein in eine prominente Riege von – meist – Männern, die eben auf ihre Worte von gestern pfeifen und ihre Umkehr dann zuverlässig mit den Notwendigkeiten des Geschäfts begründen. So nach dem Motto: Hertha ist eh schon klamm, ohne das Geld für die Trikotbrust sähe es noch düsterer aus und außerdem machen es die anderen ja auch alle, erst am Donnerstag hat Bundesligist VfB Stuttgart einen Wettanbieter als Trikotsponsor präsentiert.  

In gleichem Atemzug sollte man vielleicht überlegen, ob das Image vom familienfreundlichen Verein bei Hertha noch zu halten ist. Dass das Logo des Sponsors auf Fantrikots für Kinder angeblich nicht auftauchen soll – geschenkt. Der neue Sponsor lässt per Pressemitteilung schon mal verlauten, wo die Hertha-Fans ihre Kohle verzocken sollen: „Wir hoffen, dass die Anhängerinnen und Anhänger mit dem Buzzer noch viel Spaß haben werden – auf dem Trikot sowie online auf unserer Plattform.“

Schade eigentlich, denn Bernstein sprach vor einem Jahr noch von sozialer Verantwortung, die er mit Hertha übernehmen wolle. Das hat er beim Thema Trikotsponsor nicht geschafft.

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