zum Hauptinhalt
Andreas Bachmann ist Staatsanwalt in Bochum und stellte die Ergebnisse der Wettermittlungen vor.

© dpa

Wettskandal im Sport: "Strafverfolgung allein reicht nicht"

Der Bochumer Staatsanwalt Andreas Bachmann hat schon gegen zahlreiche Wettbetrüger Prozesse geführt. Im Interview erzählt er von den Ermittlungen, dem Kartell in Singapur und Schwierigkeiten im Kampf gegen die Wettmafia.

Herr Bachmann, Sie haben die Staatsanwaltschaft Bochum bei den Prozessen gegen zahlreiche Wettbetrüger vor dem Landgericht Bochum vertreten. Sind die von Europol jetzt vorgestellten Ermittlungsergebnisse wirklich eine neue Dimension?
Wir kamen ja in unseren Ermittlungen in Bochum auf 330 bis 340 Manipulationsvorwürfe. Jetzt haben sich bei Europol fünf Länder mit ihren Ermittlungsergebnissen präsentiert: Ungarn, Finnland, Österreich, Slowenien und Deutschland. Zusammen kamen wir auf 380 manipulierte Spiele. Aber aufgrund der ausgetauschten Daten konnte ermittelt werden, dass 300 weitere Spiele manipuliert worden sind.

Europol-Direktor Wainwright hat von einem „Wettkartell in Singapur“ gesprochen. Waren Sie auf dieses Kartell schon bei Ihren Ermittlungen in Bochum gestoßen?
Das Kartell war uns bekannt. Diese Personen spielen vor allem in Italien und Ungarn eine Rolle. Aber jetzt können wir konkretisieren, dass Personen aus diesem Kartell an 150 Spielen beteiligt waren.

Es wurde auch schon der Name eines Drahtziehers genannt, Eng Tan Seet aus Singapur, manchmal wird er auch Dan Tan genannt. Können Sie bestätigen, dass er im Fokus der Ermittlungen steht?
Es gab bei uns in Bochum noch einen Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit gegen einen Slowenen, der zu mehr als vier Jahren Haft verurteilt wurde. Er erwähnte auch diesen Namen. Über die kroatisch-slowenische Schiene gab es Kontakt zu diesem Kartell.

Gegen Eng Tan Seet soll ein internationaler Haftbefehl vorliegen. Trotzdem ist er offenbar noch auf freiem Fuß. Woran scheitert eine Verhaftung?

Die europäische Justizbehörde Eurojust hat Kontakte nach Singapur. Mehr kann ich dazu nicht sagen, weil es sich um laufende Ermittlungen handelt.

Politik und Sportverbände müssen noch weiter gehen

Auch kriminelle Kreise aus Kolumbien und aus Russland sollen beteiligt sein. Stehen hinter dem Betrug mehrere unterschiedliche Kartelle?
Personen aus Asien bedienen sich auch gerne anderer Leute, um Aufträge auszuführen, beispielsweise bei der Ansprache von Spielern oder wenn es um Transfers von Geldern geht. Ich würde daher schon gerne dabei bleiben, dass wir es hier mit einem asiatischen Wettkartell zu tun haben.

Jeder Betrugsfall scheint viele weitere Betrugsfälle nach sich zu ziehen. Ist es nicht frustrierend für Sie, dass das Ausmaß des Problems immer größer wird, je mehr Sie herausfinden?
Ganz zurückdrehen wird man dieses Problem nicht können, dazu ist zu viel Geld im Spiel. Ich habe aber schon Anlass zur Hoffnung, weil wir sehen, dass Strafverfolgung effektiv ist. Wir haben ja einige Erfolge zu verzeichnen. Aber Strafverfolgung allein reicht eben nicht.

Was müsste sonst noch getan werden?
Sowohl die Politik als auch die Sportverbände müssten noch mehr Schritte nach vorne machen. Die Sportverbände etwa fangen gerade erst damit an, Spieler über Manipulationen aufzuklären, ihnen Material an die Hand zu geben. Sie müssen auch ohne Angst vor Strafverfolgung erzählen können, wenn etwas im Gange ist.

Sie sprachen auch von Schritten, die die Politik unternehmen müsste.
Derzeit können wir manipulierte Spiele nur verfolgen, wenn darauf auch Geld gewettet worden ist. Ansonsten ist die Manipulation eines Spiels straffrei. Da gibt es noch eine Lücke.

Das Interview führte Friedhard Teuffel.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false