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Strausberger Spaßvögel mit einer großen Fahne.

© Willmann

Willmanns Kolumne: TeBe reitet über die Dörfer - und sogar Sigmund Jähn ist dabei

Tennis Borussia war auf Tour in Strausberg. Und vom Himmel fiel am helllichten Tag eine Sternschnuppe. Doch es geschahen noch mehr Wunder.

Sonntag in Strausberg. TeBe-Fans haben alle eine Brille und Abitur. Entzückend tätowierte TeBe-Frauen singen am lautesten. Man möchte sich sofort in eine verlieben. TeBe-Fans sind außerordentlich friedliebend. Dickhosiges Eierzeigen und superwichtiges Ultrafähnchenwedeln nebst Versteckspielchen kommen nicht vor. Ein gesetzter Fanatismus umwabert die lila Menschen. Dementsprechend zerstreut fallen ihre Anfeuerungschoräle aus: „Wir wollen TeBe für alle“, „Wir kommen von der Havel – Döner, Falafel“. Am geschmackvollsten: „Hallo, Hallo, Hallohallohallo, Hallohallo, Hallohallo, Hallohallo, Hahallllooo.“

Kommen wir daher zum Ex-Kicker Micha Fuß. Die liebgewonnene Ikone bleibt den Fans auch in der neuen Saison erhalten. Sein legendäres Schnappen nach dargereichten Bieren während des Spiels hat sich ins Gedächtnis der TeBe-Fans gefräst. Nun ist er eine Art Co-Trainer. Schätze ich mal. Das Biertrinken hat er noch nicht verlernt, wie mir aus gesicherter Quelle zugeraunt wurde. Die Eichkampboyz, angetrieben vom Ex-Herthaner Lennart Hartmann, spielten besonders in der zweiten Halbzeit recht manierlich. So war es nicht weiter verwunderlich, dass Tebe am Ende mit 1:0 als Sieger vom Platz ging.

TeBe-Fans haben Blumenkränze im Haar

Welche Rolle Tennis Borussia in der Oberliga Nordost beim Ritt über die Dörfer spielen wird, kann ich nur erahnen. Irgendwas zwischen Platz fünf und Platz eins. Ich hab im ganzen Stadion keine Polizei gesehen, fand ich gut. Die TeBe-Fans arbeiteten die Woche über sehr hart, um am Sonntag die einstige NVA-Stadt Strausberg mit Blumenkränzen im Haar (bzw. auf der Glatze, viele der TeBe-Brillenträger waren oben ohne unterwegs) zu kapern. Ganz bestimmt hätten sie zufällig vorbeikommenden Soldaten, egal ob NVA, Bundeswehr oder Rote Armee, Blumen in die Gewehrläufe gesteckt. Soldaten waren nicht anwesend. Sie wohnen ja in Kanonen, wie wir alle wissen.

Strausbergs Trommler fehlt das Rhythmusgefühl

Strausbergs Stadtheiliger hört auf den Namen Sigmund Jähn. Der mythische DDR-Kosmonaut. Er hat leider nie Zeit. Deshalb findet man ihn nur auf der Website des FC Strausberg. Im Stadion wird er selten gesehen. Einige meinten, sie hätten ihn noch nie im schönen Strausberg gesehen. Manchmal soll er vorbeihuschen. Viele Zuschauer blickten während des Spiels immer wieder nach oben, vielleicht würde er ja im Tiefflug aus einem Sojus-Raumschiff winken. Sigmund muss leider fast täglich ins Sternenstädtchen Swjosdny Gorodok. Ohne ihn geht dort nichts. Er steht unentwegt mit einem Bein in seinem Kosmonautenanzug. So ähnlich wie Barbarossa im Kyffhäuser. Das Schicksal der Menschheit steht auf dem Spiel.

Strausberg trägt einen Vogel Strauß im Wappen. Strausbergs stattlicher Stadtsee ist der Straussee, über den die Strausseefähre schippert. Ich fragte verschiedene Strausberger, wieso ihre schöne Stadt sich dem Vogel Strauß verschrieben hat. Und warum sich Strausberg, entgegen aller Logik, als Stadt ebendieses Vogels, der nicht mal ein richtiger Vogel ist, da er nicht fliegen kann, mit einem s schreibt. Die Antworten waren sehr unterschiedlich. Am besten gefiel mir folgende Volksetymologie: Einst soll im fiesen Mittelalter, als Pest und Cholera wüteten, einem wunderschönen Strausberger Mägdelein auf der höchsten Erhebung Strausbergs ein Strauß erschienen sein. Später lief dieser zum See und steckte dort seinen Kopf in den Sand. Und verschwand für immer. Aus Gründen, die bis heute noch nicht ausreichend geklärt sind.

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