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Goerges

© dpa

Wimbledon: Mit Glaube und Willen

Vier deutsche Männer erreichen in Wimbledon die zweite Runde, bei den Damen zeigt Julia Görges einen besonderen Kampf.

Die Distanz zwischen ihnen betrug wohl nicht mehr als drei Meter Luftlinie, dennoch trennte Nicolas Kiefer und Thomas Haas in ihren Erstrundenmatches an der Church Road ein weit größerer Abstand. Teamchef Patrik Kühnen war nicht zu beneiden, wusste er doch kaum, welchem der beiden Courts er sich zuwenden sollte, auf denen die beiden Deutschen parallel antraten. Kühnen wurde allerdings schnell klar, dass es Haas war, der seiner Unterstützung mehr bedurfte. Denn während Kiefer eine souveräne Leistung gegen Julien Benneteau zeigte und mit 6:1, 7:5 und 6:3 gewann, hatte Haas mit Guillermo Canas sichtlich Probleme. Der 30-Jährige benötigte zweieinhalb Stunden, bis er den Argentinier mit 3:6, 6:4, 6:4 und 6:4 bezwang.

Es war Haas anzusehen, dass ihm die Ausübung seines Berufes derzeit nur sehr begrenzt Freude bereitet. Die Selbstgespräche zwischen den Ballwechseln gehören mittlerweile zur Routine, seine Körpersprache verrät dabei meist mehr über seine Gefühlslage, als Haas lieb ist. Nach einer dritten Schulteroperation im vergangenen Winter und erneut wochenlangen Pausen im Frühjahr, als die Schmerzen zurückkehrten, hat es Haas inzwischen aufgegeben, langfristig zu planen: „Ich freue mich, dass ich überhaupt mal wieder gewonnen habe. Es war mein erstes Grand- Slam-Match in diesem Jahr.“ Die ständige Frage nach dem Befinden seiner Schulter nervt Haas, körperlich fühle er sich allerdings gut, gab er an: „Wenn ich nicht fit wäre, wäre ich nicht hier.“

Haas spürt den Ehrgeiz und den Willen zum Siegen noch immer in sich, schon deshalb ärgert er sich über Misserfolge derart, dass er sich danach immer wieder die Sinnfrage stellte. Besonders die Zweitrundenniederlage in Halle gegen Philipp Kohlschreiber hing ihm lange nach: „Ich war sehr frustriert und habe ein paar Tage gebraucht, bis es wieder ging und ich mich auf Wimbledon vorbereiten konnte.“ Seine Erinnerungen an das wichtigste Turnier der Saison kommen Haas vor wie eine einzige, lange Pechsträhne. Seien es Magenprobleme, ein Bänderriss beim Einschlagen oder die Zerrung, die ihn im letzten Jahr am Achtelfinalduell mit Roger Federer hinderten: Haas hat in Wimbledon schon sämtliche Tiefschläge erlebt. „Ich hoffe, dass jetzt endlich einmal nichts passiert. Sehr oft werde ich ja nicht mehr herkommen können“, erklärte Haas und dieses Wissen bringt auch Kiefer dazu, das Maximum aus sich herauszuholen. Dies gelang seit langer Zeit auch mal wieder in einer ersten Runde Rainer Schüttler aus Korbach, der den Spanier Santiago Ventura (Spanien) 6:3, 6:2, 6:4 besiegte.

Doch auch die jüngere Spielergeneration machte nach dem versöhnlichen Auftakt am Dienstag weiter positive Schlagzeilen. Benjamin Becker bezwang den an Position vier gesetzten Russen Nikolaj Dawidenko mit 6:4, 6: 4, 6:4. „Der Sieg war ganz wichtig für mein Selbstvertrauen, denn ich will endlich wieder nach oben in der Rangliste“, freute sich der Saarländer, der bis auf Platz 116 abgerutscht ist.

Ein wahres Marathonmatch lieferte Julia Görges ab, die letzte verbliebene Deutsche im Feld. Nach 3:40 Stunden rang sie mit der Slowenin Katherina Srebotnik die Nummer 23 der Setzliste mit 4:6, 7:6 und 16:14 nieder. Vier Matchbälle wehrte sie ab und verwandelte selbst ihren vierten zum Sieg: „Am Ende ging alles nur noch über Glaube und Willen. Morgen ruhe ich mich aus, denn das war noch nicht alles hier.“ Petra Philippsen

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