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Wintersport: Slalom im Grenzbereich

Mathias Berthold führt die deutschen Alpin-Frauen im Training ans Limit – und da mit zum Erfolg.

Maria Riesch macht so etwas nicht, sie lenkt nicht ab von den eigenen Fehlern. Sie hatte diesen Riesenvorsprung vermurkst. „Mann, wie kann ich denn so einen Vorsprung hergeben?“, hatte sie also gesagt. Wie kann man fast eine Sekunde verspielen? Im Slalom ist das eine halbe Ewigkeit. So klar lag Riesch am Dienstagabend in Flachau nach dem ersten Durchgang vor Kathrin Zettel aus Österreich, der Drittplatzierten. Nur Susanne Riesch, die Führende, war einen Wimpernschlag schneller als ihre Schwester. Dann fädelte Susanne Riesch im zweiten Durchgang ein und schied aus, aber Maria Riesch wurde trotzdem nur Zweite. Den Sieg aber sicherte sich Marlies Schild, eine weitere Österreicherin.

Maria Riesch hätte auch erzählen können, dass Schild die ganze Zeit auf ihren extrem kurzen, nur 1,55 Meter langen Slalom-Ski trainiert hatte. Und dass sie selbst in den Tagen zuvor nur auf dem Speed-Ski gestanden hatte bei der Abfahrt un dem Super-G in Haus, Österreich.

Das sind die Feinheiten, die hinter dem großen Ganzen stehen, der Dominanz der deutschen Slalom-Frauen. Mathias Berthold könnte genüsslich die Zahlen dazu herunterbeten. Maria Riesch klar die Nummer eins in der Slalom-Gesamtwertung im Weltcup, ihre Schwester Susanne Riesch auf Rang fünf, Christina Geiger Neunte, Katharina Dürr Zehnte. Am Sonntag, beim Slalom in Maribor (am Samstag findet der Riesenslalom statt), könnte die gute Zwischenbilanz noch weiter verschönert werden.

Mathias Berthold hat hohe Ziele. Die aktuelle Bilanz? „Im Plansoll“, so weit ganz schön. „Ich bin mit einigen zwar restlos zufrieden, mit anderen noch nicht.“ Maria Riesch? „Sie ist der klare Teamleader.“ Aber er denkt jetzt vor allem an Christina Geiger und Katharina Dürr. „Die haben sich besser entwickelt als erwartet.“

Hoher Konkurrenzdruck fördert die Entwicklung, so einfach ist das. „Die Mädels müssen sich jeden Tag beweisen“, sagt Berthold. „Da kann sich keine leisten, einen Tag mal schlecht zu fahren.“ Seriöser Lebenswandel, optimale Einstellung zum Leistungssport, das sind Punkte aus dem Programm von Berthold. Bei der Disziplin versteht er am wenigsten Spaß.

Seit dem Rennen in Levi, im November 2009, hat das auch Katharina Dürr begriffen. Zwei Tage vor dem Slalom hatte Berthold mit ihr „klare Worte“ gesprochen. „Ich war mit ihren Trainingsleistungen absolut nicht zufrieden.“ Unter Training versteht Berthold die Arbeit im Grenzbereich. Nur wer ans Limit geht, lernt schwierige Situationen zu beherrschen. Die junge Dürr legte ihr Limit großzügig aus, also griff Berthold ein. Es muss eindrucksvoll gewesen sein. Katharina Dürr jagte unterm Flutlicht von Levi mit Startnummer 50 auf Platz sieben.

Jetzt will Berthold noch Kathrin Hölzl und Fanny Chmelar schneller machen. Die Riesenslalom-Weltmeisterin Hölzl hat sich im Slalom „nicht so schnell entwickelt wie erhofft“ (Berthold). Chmelar auch nicht. Aber in Flachau wurde sie Sechste, immerhin. Solche Ergebnisse sind eine feine Sache für Berthold, nur verstärken sie den Druck. Vancouver steht an, die Olympischen Spiele. Die alpinen Frauen werden als Medaillenhoffnungen geführt. „Mit dem öffentlichen Druck muss man umgehen“, sagt Berthold.

Die Chancen seines einstigen Problemfalls stehen nicht schlecht; Bertholds Kritik zeigt Langzeitwirkung. In Flachau landete Katharina Dürr auf Rang fünf.

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