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Sport: „Wir waren total frustriert“

Die Absage überrascht auch Athleten aus Berlin.

Berlin - Sie standen am Freitagnachmittag am Times Square. Sieben Marathonläufer aus Berlin und Hamburg. Voller Zuversicht, dass der New York Marathon trotz der Verheerungen des Wirbelsturms „Sandy“ auf jeden Fall starten würde. Doch plötzlich, es war 17.30 Uhr, flackerte auf den großen digitalen Werbetafeln an den Hausfassaden eine Special-News auf. Bürgermeister Blomberg habe den Marathon abgesagt, lasen sie. „Unsere Laufgruppe stand wie vom Donner gerührt da“, erzählt die Berlinerin Sandra Kiehl.

Noch am Donnerstag, gleich nach der Landung in New York, hatten ihnen die Veranstalter ihre Startnummern verkauft und Sweatshirts, Basecaps und vieles andere mit dem Marathon-Label angeboten. „Es schien alles klar zu sein, man hat uns in Sicherheit gewogen – und dann dieser totale Frust“, ärgert sich die junge Frau. Wäre der Lauf schon früher, vor ihrem Abflug, gestrichen worden, hätten die meisten in ihrer Gruppe angesichts der drohenden Gefahren wohl Verständnis für die Absage gehabt. Immerhin erreichte „Sandy“ bereits am Montag die US-Ostküste. Abgesagt wurde das Rennen aber erst 35 Stunden vor dem geplanten Start. „Man hat uns hingehalten. Vielleicht, um erst mal Geld an uns zu verdienen. Das ist unfair“, sagt Kiehl.

Tausende Läufer waren nach New York gekommen. Viele spülen nun in den Pubs ihre Enttäuschung herunter und joggen wenigstens ein bisschen durch Manhattan. Die meisten haben sich wie Sandra Kiehl ein Jahr lang intensiv auf den größten Marathon-Lauf der Welt vorbereitet. Zu Beginn der Woche hatten sie dann das Problem, wegen „Sandy“ überhaupt nach New York zu kommen. So hatte die Berliner Läufergruppe ab London einen Direktflug gebucht. Der wurde gestrichen. Die Läufer ließen nicht locker, feilschten mit Airlines, erreichten ihr Ziel schließlich über Chicago und Washington. Der Umweg kostete sie drei Tage.

Die Folgen des Hurrikans waren am Sonnabend noch vielerorts präsent. U-Bahnlinien standen still, Busse fielen aus, der Central Park blieb wegen Aufräumarbeiten geschlossen. Scharen von Läufern standen vor den Toren. Sie hatten sich auf den klassischen Jogging-Parcours im Grünen gefreut. Manchen New Yorkern, die vorbeiliefen, taten sie offenbar leid. „Sie bedauern uns“, erzählt Sandra Kiehl. Obwohl doch die New Yorker selbst und ihre Stadt eher Mitgefühl verdienten. Vierzig Tote, Tausende obdachlos: Diese Bilanz relativiert bei vielen Läufern letztlich den Kummer über den ausgefallenen Marathon. Christoph Stollowsky

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