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© dpa

Wolfsburgs Titel: Magaths Werk

Felix Magath hatte in Wolfsburg Geld, er hatte Macht, und er hat damit das Maximale erreicht. Der Titel mit dem VfL ist auch ein Erfolg gegen die Tradition.

Felix Magath gab ein ziemlich erbärmliches Bild ab. Das schüttere Haar klebte ihm am Haupt, über sein durchnässtes Sakko hatte er sich das giftgrüne Meister-T-Shirt gestülpt, und an seinen Schuhen pappten die silbernen Konfettistreifen von der Siegerehrung. Magath hatte Füße so pelzig wie Samson aus der Sesamstraße. So sehen Sieger aus, und dass Felix Magath ein Sieger ist, daran besteht spätestens seit Samstagnachmittag kein Zweifel mehr. „Dieser Erfolg gehört allen, aber besonders dem Trainer“, sagte Wolfsburgs Stürmer Edin Dzeko über den ersten Meistertitel für den VfL.

Mit den Bayern war Magath Meister und Pokalsieger – aber das kann ja jeder. Meister mit dem VfL Wolfsburg, das hat noch keiner geschafft. „Dieser Titel hat einen besonderen Stellenwert“, sagt Felix Magath, „weil er so unerwartet kommt.“ Vor zwei Jahren hat er seine Mission beim VfL begonnen; die Mannschaft, die er damals vorfand, hat Magath im Moment des Triumphes etwas despektierlich als Trümmerhaufen bezeichnet. Die Wolfsburger waren gerade mit großer Not dem Abstieg aus der Fußball-Bundesliga entgangen. Zwei Jahre und knapp 60 Millionen Euro später besitzt der VfL nicht nur die Meisterschale, sondern auch „eine Mannschaft mit großer Perspektive“.

Diese Feststellung scheint Magath fast genauso wichtig zu sein wie der Titel. Sie haben ihm bedingungslos vertraut in Wolfsburg, und er hat ihr Vertrauen nicht enttäuscht. „Mehr als 50 Prozent der Meisterschaft gehören Felix Magath“, sagt Wolfsburgs brasilianischer Kapitän Josué. Die Mannschaft ist nach dem Konstruktionsplan ihres Trainers zusammengeschraubt. „Überragende Physis, überragende Mannschaft, überragender Trainer“ – so hat Marcel Schäfer den Erfolg des VfL erklärt. „Er hat die Spieler geholt, er hat die Linie vorgegeben, und alle zusammen haben wir uns belohnt.“ Schäfer ist vor zwei Jahren für 800 000 Euro vom Zweitligisten 1860 München nach Wolfsburg gekommen; inzwischen ist er Niedersachsens Sportler des Jahres und Nationalspieler. Sein Marktwert? Ein Vielfaches der 800 000 Euro, die er gekostet hat.

Nicht nur die Mannschaft trägt Magaths Handschrift, den ganzen Verein hat der 55-Jährige mit seinen Ideen durchdrungen. Die Zusammenarbeit hat sich für beide Seiten als fruchtbar erwiesen. Bei den Bayern ist Magath unter anderem an der Macht der Tradition, am Behauptungswillen der Hoeneß, Rummenigge und Beckenbauer gescheitert; in Wolfsburg gab es keine Tradition, und schon gar keine fragwürdige. Nur deshalb hat sich der VfL seinem Trainer bedingungslos ausgeliefert. Und er ist mehr als gut damit gefahren.

Felix Magath ist kein Mann der Kompromisse, und in Wolfsburg musste er keine Kompromisse eingehen. Wenn der Trainer Magath einen Spieler wollte, hat er den Sportdirektor Magath mit der Suche beauftragt, und wenn der einen passenden Mann gefunden hatte, musste er nur noch mit dem Geschäftsführer Magath die Finanzierung klären. Das Modell Magath war das Gegenmodell zum Trend zur Spezialisierung in der Bundesliga, zur Verwissenschaftlichung des Fußballs. „Es war keine Station so schön, so wunderbar wie die beiden Jahre in Wolfsburg“, sagt Magath, der nun zu Schalke wechselt, dahin, wo die Tradition über allem steht.

Am Meisterabend trägt sich die Mannschaft ins Goldene Buch der Stadt Wolfsburg ein, bei dieser Gelegenheit bezeichnet Oberbürgermeister Rolf Schnellecke Magath als „Vater des Erfolges“. Am Ende der kleinen Zeremonie stellt sich der Meister noch den Fotografen. Martin Winterkorn, der Chef des Volkswagen-Konzerns, hebt die Hand zum Gruß. Neben ihm steht Felix Magath. Seine Arme hängen schlaff herab, der Blick ist gesenkt. Sieger sehen anders aus.

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