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Bei der EM 2022 gewann Deutschland zum Auftakt 4:0 gegen Dänemark.

© IMAGO/Michaela Merk

Zwischen EM-Debütanten und Titelanwärterinnen: So schwer wird es für die DFB-Frauen in der EM-Gruppenphase

Polen hat nichts zu verlieren, Dänemark ist immer für eine Überraschung gut und Schweden bleibt eine absolute Turniermannschaft. Ein Durchmarsch des deutschen Teams ist daher alles andere als garantiert.

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Als letzte Teambuildingmaßnahme vor dem ersten Spiel bei der Fußball-Europameisterschaft in der Schweiz ging es für die deutschen Frauen hinauf auf 1800 Meter, auf die Rigi am Vierwaldstättersee. Zwar nicht zu Fuß, sondern mit der Zahnradbahn – was mit Blick auf das Spiel am Freitag in St. Gallen (21 Uhr, ARD) gegen Polen von Vorteil sein könnte.

Nach dem Auftakt der deutschen Frauen gegen Polen geht es am 8. Juli in Basel gegen Dänemark (18.00 Uhr) weiter und zum Vorrundenfinale am 12. Juli in Zürich gegen den WM-Dritten aus Schweden (21.00 Uhr). In einem möglichen Viertelfinale könnten dann Titelverteidiger England oder Frankreich warten. Ein Überblick, wer für die Mannschaft von Bundestrainer Christian Wück die größte Herausforderung darstellen dürfte:


Polen hat bei diesem Turnier nichts zu verlieren

Zunächst wäre da Polen als vermeintlich dankbarer Auftaktgegner. Das Team um Starstürmerin Ewa Pajor, die lange für den VfL Wolfsburg auflief, nun aber beim FC Barcelona unter Vertrag steht, besticht mit einem Mix aus erfahrenen Spielerinnen, die man aus der Bundesliga kennt und jungen Talenten, die bei internationalen Topklubs im Einsatz sind.

Da wäre neben Pajor in der Offensive etwa die 22-jährige Natalia Padilla-Bidas, die vom FC Bayern zunächst an den 1. FC Köln und dann an den FC Sevilla ausgeliehen war, nun aber nach München zurückkehrt. In der Defensive ist Paulina Dudek nach zwei Kreuzbandrissen zurückgekehrt und konnte bereits bei Paris Saint-Germain an alte Leistungen anknüpfen. Auch Tanja Pawollek, die kürzlich innerhalb der Bundesliga von Eintracht Frankfurt zum 1. FC Union wechselte, dürfte eine wichtige Rolle einnehmen.

Die Motivation beim polnischen Team, das von der 39 Jahre alten Nina Patalon trainiert wird, dürfte in jedem Fall riesig sein. Es ist zum ersten Mal bei einer bedeutenden Endrunde dabei und steht damit repräsentativ für die positive Entwicklung des Frauenfußballs in Osteuropa.

Wenn du wirklich so ein stark besetztes Turnier überzeugend gewinnen willst, dann musst du jedes Spiel performen.

Laura Freigang, deutsche Nationalspielerin

Trotzdem bleibt Deutschland im ersten Gruppenspiel klarer Favorit. Polen ist zwar nicht zu unterschätzen, hat aber keinerlei Turniererfahrung. Hinzu kommen die Spiele gegen Deutschland in der Nations League vor einem Jahr, die mit 3:1 und 4:1 für das Team von Bundestrainer Wück endeten.


Dänemark entwickelt sich einfach nicht weiter

Für die deutsche Nationalspielerin Laura Freigang ist jedes Spiel bei einer EM wichtig, nicht nur der Auftakt. „Wenn du wirklich so ein stark besetztes Turnier überzeugend gewinnen willst, dann musst du jedes Spiel performen“, sagte die 27-Jährige vor wenigen Tagen in Herzogenaurach. Ein überzeugender Sieg gegen Dänemark (4:0) gelang Deutschland jedenfalls bei der EM 2022 in England zum Auftakt der Gruppenphase und war die Basis für das starke Turnier.

Möglich, dass es dieses Mal wieder so gut läuft aus deutscher Sicht. Zwar haben die Däninnen traditionell viel Qualität im Kader und mit Pernille Harder vom FC Bayern München eine Spielerin von Weltklasse-Format, der gezeigte Fußball bleibt aber zu eindimensional. Alles ist auf die 32-jährige Harder ausgelegt, das Potenzial der zahlreichen jungen Spielerinnen wird oftmals nicht ausgeschöpft.

Dass das dänische Team schon länger in seiner Entwicklung stagniert, dürfte auch an den Trainerwechseln liegen. Der aktuelle Trainer Andrée Jeglertz, der nach dem Rücktritt von Lars Søndergaard nach der WM 2023 übernommen hatte, wird nach der EM schon wieder aufhören und soll laut dänischen Medienberichten damit alles andere als zufrieden sein. Vor allem, weil mit Jakob Michelsen der Nachfolger bereits im Juni vorgestellt worden war.

Inkonstanz ist auch das Stichwort bei den fußballerischen Leistungen Dänemarks. Die EM-Quali meisterte das dänische Team zwar souverän, in der jüngsten Nations-League-Phase verlor es aber unter anderem mit 0:3 gegen Italien und 1:6 gegen Schweden.


Schweden ist eigentlich über den Zenit hinaus

Bei Schweden handelt es sich um den letzten Gruppengegner Deutschlands, der mit enorm viel Erfahrung daherkommt. Schon bei der WM vor zwei Jahren galt der individuell womöglich stärkste schwedische Kader überhaupt als Titelfavorit, scheiterte aber nach Siegen gegen die USA und Japan an Spanien im Halbfinale. Bei der anstehenden EM ist der Kader in großen Teilen derselbe, dürfte daher aber etwas über seinen Zenit hinaus sein. Mit Hanna Lundkvist ist nur eine Stammspielerin jünger als 27 Jahre.

Dänemarks Pernille Harder (li.) und Schwedens Magdalena Eriksson (re.) sind verlobt und werden bei der EM gegeneinander spielen.

© IMAGO/Bildbyran

Die Auswahl von Peter Gerhardsson, der nach der EM seine Trainerkarriere beenden wird, gehört nach wie vor zu den erfolgreichsten Nationalteams der Welt. Sie hat als einzige europäische Nation an allen Welt- und Europameisterschaften sowie allen olympischen Fußballturnieren bis auf die jüngsten Spiele in Frankreich teilgenommen. Schweden konnte bislang allerdings nur einen Titel holen: die erste Europameisterschaft im Frauenfußball 1984.

Schweden kann auf eine extrem gute Offensive bauen, die mit Fridolina Rolfö, Stina Blackstenius und Johanna Rytting Kaneryd vor allem nominelle Stürmerinnen aufbietet. Auch die Defensive ist mit Magdalena Eriksson vom FC Bayern München gut besetzt. Beim Spiel gegen Dänemark kommt es dann für sie und ihre Verlobte Pernille Harder zu einem etwas kuriosen Duell.

Ob letztlich Deutschland oder Schweden den Gruppensieg holt, entscheidet sich wohl erst ganz am Schluss. Einfach wird es danach für keinen der beiden, denn im Viertelfinale warten mit England, Frankreich, den Niederlanden oder Wales so oder so Topteams aus Gruppe D.

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