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Brandenburg: Alte Reifen werden zu Turnmatten

In Oranienburg eröffnete am Donnerstag das weltgrößte Recyclingwerk für Gummi

Oranienburg. Wo früher Flugzeuge starteten, liegen heute bergeweise Autoreifen. Denn auf dem ehemaligen Flughafen der Heinkelwerke in Oranienburg wurde am Donnerstag das weltweit größte und modernste Altreifen-Aufbereitungswerk eröffnet. Die Firma Genan aus der dänischen Unternehmensgruppe Viborg wird hier jährlich 55000 Tonnen Altreifen aus dem ganzen Bundesgebiet zu Granulat und Pulver zerkleinern, 25000 Auto-Reifen pro Tag. Daraus entstehen Vollgummireifen, Unterböden für Sporthallen und Spielplätze, Gummimatten, Isolationsmaterial oder auch Schwellen für Eisenbahngleise, damit Züge leiser rollen. Vor allem an Bahnübergängen sollen Gummibeläge an den Schienen den Geräuschpegel senken.

Schon seit Ende vergangenen Jahres läuft die Anlage – probeweise. Im Moment hat das Werk 36 Mitarbeiter, bald sollen es 80 sein. Denn bald werden in Oranienburg nicht nur alte Reifen, sondern auch ausgediente Gummimatten und Bremsbeläge zu Granulat verarbeitet.

Jährlich fallen in Deutschland rund 650000 Tonnen nicht mehr verwendbarer Reifen an. Sie bestehen in der Regel aus synthetischem Kautschuk, der aus Erdöl produziert wird. Die meisten ausgedienten Reifen werden wegen ihres hohen Heizwertes in Öfen verbrannt. Die Zementindustrie verfeuert jeden dritten alten Autoreifen.

Viel Gummi landet auch in Wäldern und Wiesen, wo sie das Ökosystem belasten, weil sie nur sehr langsam verrotten. „Wenn sich erst einmal herumspricht, dass mit diesen Altreifen in Oranienburg gutes Geld verdient werden kann, endet der Frevel“, gab sich Brandenburgs Umweltminister Wolfgang Birthler (SPD) bei der Werkseröffnung optimistisch.

Die von Autofahrern so geschätzten Eigenschaften von Reifen – zum Beispiel ihre Robustheit, Langlebigkeit und Widerstandsfähigkeit – machen das Recycling teuer und aufwändig. In mehreren Stufen und werden die Gummiteile in riesigen Schreddern bis zu einer Größe von 0,5 bis 5 Millimeter zerkleinert und gemahlen. Magnete lösen die metallischen Stücke heraus, andere Maschinen das Textilmaterial.

Die Gummiteile, die 60 Prozent eines Reifens ausmachen, fallen über ein Sieb in die Granulieranlage, die sie auf Reiskorngröße zerkleinern. Dann wird das Granulat gesiebt, getrennt, vermahlen und gefiltert. Danach ist die Stahlfraktion so rein, dass sie problemlos eingeschmolzen werden kann, sagen die Betreiber des Werkes. Die Stoffreste werden verbrannt.

43 Millionen Euro kostete die Recycling-Anlage. Sie liegt für die Zulieferer verkehrsgünstig an der neuen Oranienburger Umgehungsstraße und am nördlichen Berliner Autobahnring. Das Land Brandenburg schoss rund zehn Millionen Euro aus einem Bund-Länder-Fördertopf „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ dazu.

Für Umweltminister Wolfgang Birthler ist das Geld gut angelegt. „Hier zeigt sich, wie ein intelligent und exzellent organisierter Wertstoffkreislauf aussehen kann“, sagte er am Donnerstag. Gegenüber der sonst üblichen Verbrennung wertvoller Rohstoffe sei das hier eine sehr gute umweltgerechte Alternative.

Auf den Produktionsstart hatten die Oranienburger schon lange gewartet. Im April 2002, als das Werk noch weitgehend ein Lagerplatz war, brannten dort tagelang 8000 Tonnen Alt-Reifen, die die Firma Genan dort abgelegt hatte. Die Rauchschwaden hingen mehrere Tage über der Stadt und zogen bis in die Berliner Randbezirke. Die Polizei vermutete Brandstiftung. Die Täter wurden nie gefasst.

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