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Brandenburg: Bauern gegen Dürre-Hilfen

Vereinigung von Familienbetrieben wirft großen Agrarunternehmen mangelnde Vorsorge vor

Lennewitz/Teltow - Unterschiedlicher könnten die Meinungen der Brandenburger Landwirte zu den staatlichen Dürrehilfen kaum sein. Während der Bauernbund, der rund 300 Familienbetriebe vereint, das Ansehen des Berufsstandes durch immer neue Geldforderungen beschädigt sieht, betrachtet der Bauernverband die Hilfsprogramme als „unbedingt notwendig“. Mit Sitz in Teltow vertritt er nach eigenen Angaben die Interessen der rund 40 000 Beschäftigten in der Landwirtschaft. „Die Existenz vieler Betriebe ist durch die Ertragsausfälle in Gefahr“, sagte Ulrich Böhm vom Bauernverband. „Ohne Hilfe müssten sie Beschäftigte entlassen oder sogar Konkurs anmelden.“ Dabei seien die Agrarunternehmen auf dem Land meistens die einzigen Arbeitgeber. Vor allem im Süden des Landes liege der Ertragsausfall bei Grünfutter und Mais bei bis zu 50 Prozent. Das bedeutet nach Angaben der Landesregierung Verluste von rund 120 Millionen Euro.

Über solche dramatischen Zahlen können die Chefs des in der Prignitz beheimateten Bauernbundes nur den Kopf schütteln. „Man ruft doch nicht alle paar Jahre nach Dürrehilfen“, sagt Präsident Karsten Jennerjahn, der in Schrepkow einen 350 Hektar großen Ackerbaubetrieb betreibt. Auch Geschäftsführer Reinhard Jung aus Lennewitz hält nichts vom ständigen Jammern über das Wetter. „Unsere Feinde sind doch nicht Frühling, Sommer, Herbst und Winter“, sagt er. „Ein guter Bauer kommt damit zurecht und legt sich in guten Jahren genügend Vorräte an.“

Gerade die kleinen Familienbetriebe hätten wegen des Eigentums an den Flächen noch ein ganz anderes Verhältnis zum Bauernberuf als die in Brandenburg dominierenden Agrargesellschaften. „Wir pflegen unsere Kulturen ganz anders und stellen uns nach einer Missernte nicht hin und fordern Steuergelder“, erklärt Jung. Von den 300 Mitgliedsbetrieben müsse zwar rund ein Drittel ebenfalls mit geringen Erträgen rechnen. Aber keiner befinde sich wegen der Dürre in existenziellen Problemen. Wichtiger als Dürrehilfen sei die Abschaffung der Mineralölsteuer für Traktoren und andere Landmaschinen. „Sie wird als Straßenbenutzungsgebühr begründet“, erklärt Geschäftsführer Reinhard Jung. „Aber wir fahren kaum auf öffentlichen Straßen.“ Auch die Bürokratie koste immer mehr Geld.

Der Bauernbund ist schon mehrfach mit ungewöhnlichen Forderungen an die Öffentlichkeit getreten. So sprach er sich im Januar nach dem Ausbruch der Vogelgrippe gegen die allgemeine Stallpflicht aus. Sie treffe nur Kleintierhalter und bedeute eine Marktbereinigung zugunsten der Massentierhaltung.

Der Bauernverband indes betrachtet die von der Landesregierung beschlossenen Stundungen der Steuerlast für in Not geratene Landwirte und die Aussicht auf weitere Hilfen als „überlebenswichtig“. Die Bauern seien schließlich nicht nur Produzenten von Lebensmitteln, sagte Verbandsvertreter Ulrich Böhm. „Sie pflegen die Landschaft und verhindern so eine mögliche Versteppung weiter Teile Brandenburgs.“ Den Vorwurf des Bauernbundes, viele Betriebe hätten für einen trockenen Sommer nicht genügend Vorräte angelegt, wies Böhm zurück: „Sie konnten es doch gar nicht, weil sie die Folgen des Dürrejahres 2003 noch nicht überwunden hatten.“

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