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Brandenburg: Besetztes Haus: Nachspiel

Belagert statt besetzt: Das von der Polizei am Sonnabend geräumte Haus in Potsdam-Babelsberg blieb gestern scharf bewacht. Kein Bewohner durfte in die Rudolf-Breitscheid-Straße 6.

Belagert statt besetzt: Das von der Polizei am Sonnabend geräumte Haus in Potsdam-Babelsberg blieb gestern scharf bewacht. Kein Bewohner durfte in die Rudolf-Breitscheid-Straße 6. Beamte sperrten den Fußweg ab, fuhren Streife und durchsuchten alle Räume des bunt angemalten und bei den Anwohnern als Hausbesetzerhaus bekannten Gebäudes.

Mit diesem ungewöhnlich großen Aufgebot reagierte die Polizei auf die Randale am Sonnabend nach dem Pokalspiel zwischen dem SV Babelsberg und Hertha BSC. Dabei waren vor dem Haus Steine geflogen, worauf die Polizei das Haus geräumt hatte. Rund 30 Sympathisanten der linken Szene verlangten gestern eine Rückkehr und protestierten gegen die Räumung. Offensichtlich wurden neue Ausschreitungen befürchtet. Diese blieben dann allerdings bis zum Abend aus.

"Wir ermitteln wegen schweren Landfriedensbruchs", sagte eine Sprecherin des Potsdamer Polizeipräsidiums. Im Visier befänden sich sowohl die Fußballfans als auch Bewohner des Besetzerhauses. Allerdings suche die Polizei noch nach weiteren Zeugen. "Wir gehen davon aus, dass die ersten Steine aus dem Haus auf den Block der nach Spielschluss vorbei ziehenden Besucher geworfen wurden", erklärte die Sprecherin. Genau die gegenteilige Meinung vertrat gestern Michael Staade vom Verein "Utopia", in dem die meisten Bewohner des Hauses in der Breitscheid-Straße zusammengeschlossen sind. "Hertha-Fans haben sich gezielt vor unserem Gebäude aufgebaut und schlimme Parolen gebrüllt", erzählte er. "Zecken töten", "Hier spricht der nationale Widerstand" und "Asylanten" habe es durch die Straße geschallt. Dann hätten einige Fans zu Steinen aus dem Gleisbett der Straßenbahn gegriffen und damit auf die Scheiben gezielt. Zu diesem Zeitpunkt seien drei Frauen und drei Männer im Gebäude gewesen. "Die hatten eine Höllen-Angst", sagte der junge Mann mit den dicken Rasterlocken. "Zwei Personen wurden verletzt." Die Polizei habe nach seiner Meinung viel zu spät eingegriffen. "Die wussten doch, was diese Gruppe der Hertha-Fans vorhat. Auf Internet-Seiten hat die Szene offen zu einem Sturm auf unser Haus aufgerufen." Man prüfe, ob gegen Beamte Anzeige wegen Körperverletzung und Nötigung erstattet werden soll. Nach Aussage von Berliner Fußballfans hielten sich die Besetzer allerdings auch nicht zurück. "Wir wurden als Nazis beschimpft", erzählte ein Augenzeuge.

Die Polizei eskortierte die Fans schließlich zum S-Bahnhof Babelsberg. Eine große Einheit räumte danach das Haus und nahm 15 Personen im Alter zwischen 15 und 31 Jahren fest. Am Sonntag gegen vier Uhr wurden sie freigelassen. Wie aus Polizeikreisen zu hören war, wurden in den Räumen Waffen und Diebesgut gefunden. Die Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen.

Die Entscheidung, ob die jungen Leute zurückkehren dürfen, liegt beim Oberlinhaus. Dieser Behinderten-Einrichtung gehört das Nachbarhaus. "Wir werden vom Oberlinhaus so lange geduldet, bis unsere neue Unterkunft in der Zeppelinstraße fertig ist", sagte Michael Staade vom Verein. "Deshalb sind wir auch keine Besetzer." Das Haus hatte die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gewoba zur Verfügung gestellt.

In der Vergangenheit war die linke Szene Potsdam, die das Haus in der Breitscheid-Straße bislang als Anlaufpunkt nutzte, wiederholt Schauplatz von Krawallen. Zuletzt drangen rechtsgerichtete Jugendliche im Oktober vergangenen Jahres ins Gebäude ein. Im April hatte die Polizei sieben Menschen festgenommen, weil sie am Rande der Bundesgartenschau ein Haus in der Nähe von Park Sanssouci für sich beanspruchten.

Die brandenburgische CDU kritisierte gestern die Politik der Stadt Potsdam gegenüber Hausbesetzern. Seit Jahren dulde die Stadt Rückzugsgebiete für eine kriminelle Szene, hieß es in einer Mitteilung.

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