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Brandenburger Landtag: Ex-Verfassungschef soll beim Stasi-Check helfen

Die Überprüfungskommission des Landtags ist komplett. Irritationen gibt es über verschwundene Spitzel-Hinweise.

Potsdam - In Brandenburg wollen die Landtagsparteien einige Ungereimtheiten bei der Stasi-Überprüfung des ersten Nachwende-Parlaments 1991 klären lassen, die erst jetzt bekannt geworden sind. Grünen-Fraktionschef Axel Vogel sprach sich am Dienstag dafür aus, dies der Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der Stolpe-Ära zu übertragen, die die „Jamaika-Opposition“ aus Grünen, CDU und FDP vorbereitet. „Das Thema ist dort gut aufgehoben.“ Da es um die Integrität des ersten Brandenburger Parlaments gehe, müsse dies „schnellstens geklärt werden“, sagte CDU-Chefin Johanna Wanka.

Auslöser sind überraschende Auskünfte der Stasi-Unterlagenbehörde: Die hatte 1991 danach bei der Überprüfung der damals wie heute 88 Parlamentarier 17 Bescheide mit Hinweisen auf Stasi-Verstrickungen verschickt. Nur von 12 Fällen ist aber im offiziellen Abschlussbericht der beiden kirchlichen Vertrauenspersonen, des evangelischen Generalsuperintendenten Günter Bransch und des katholischen Monsignore Karl-Heinz Ducke, die Rede. Beide nahmen im Auftrag des Landtages die Stasi-Überprüfung vor. Die Differenz der fünf fehlenden Befunde kann sich bislang niemand erklären. Ducke selbst schließt nicht aus, dass es Bagatellfälle waren.

Das vermutet auch der frühere Landtagspräsident Herbert Knoblich (SPD), der allerdings darauf hinweist: „Das alles lag damals ausschließlich bei der Kommission.“ Offenbar ist Knoblich selbst einer der „Fünf“: Er erinnerte daran, dass es bei ihm einen – erfolglosen, aber dokumentierten – Anwerbeversuch der Stasi gegeben hatte, „einen sogenannten IM-Vorlauf“, was er damals nach der Stasi-Überprüfung auch öffentlich gemacht habe. „Es könnte sein, dass solche Fälle die Differenz erklären.“ 

Der über Brandenburgs Grenzen hinaus am heftigsten debattierte Fall, nämlich der des ersten SPD-Ministerpräsidenten Manfred Stolpe, den die Stasi als IM „Sekretär“ geführt hatte, war erst später bekannt geworden.

Nach fast zwei Jahrzehnten Unterbrechung wird der Landtag am Donnerstag nun zum zweiten Mal die eigene Stasi-Überprüfung beschließen. Wie berichtet, haben sich alle Fraktionen dafür auf ein gemeinsames Gesetz geeinigt. Jetzt steht auch die Überprüfungskommission fest: Neben der Stasi-Beauftragten Ulrike Poppe sollen ihr Hansjörg Geiger, der frühere Direktor der Birthler-Behörde, später Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Bundesnachrichtendienstes, Oberkirchenrat und frühere Stasi-Auflöser David Gill und Stasi–Experte Helmut Müller-Enbergs angehören, Wissenschaftler bei der Birthler-Behörde in Berlin. Thorsten Metzner

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