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Brandenburg: Chipfabrik: Dubai fordert weitere Millionen vom Land

Entgegen allen offiziellen Verlautbarungen ist die in Frankfurt/Oder geplante Chipfabrik gefährdet. Denn die Finanzierung des mit einer Investitionssumme von 1,5 Milliarden Dollar größten Investitionsvorhaben der Landesregierung ist nach wie vor ungeklärt.

Entgegen allen offiziellen Verlautbarungen ist die in Frankfurt/Oder geplante Chipfabrik gefährdet. Denn die Finanzierung des mit einer Investitionssumme von 1,5 Milliarden Dollar größten Investitionsvorhaben der Landesregierung ist nach wie vor ungeklärt. Wie aus der dem Tagesspiegel vorliegenden Vorlage von Wirtschaftsminister Wolfgang Fürniß (CDU) hervorgeht, die heute im Kabinett behandelt wird, sind von den 540 Millionen Dollar benötigten Eigenkapitals bislang nur 290 Millionen Dollar zugesagt. Selbst für diesen Betrag der Hauptfinanziers - das Emirat Dubai und der Chiphersteller Intel - sollen die verbindlichen Verträge erst bis 31. März 2002 "abgeschlossen sein". Dubai "erwartet" dafür eine Beteiligung Brandenburgs von 35 Millionen Dollar an der Communicant AG, die die Chipfabrik bauen und betreiben soll.

Brandenburg werde "in der Weltliga der Hochtechnologie" mitspielen, hatte Wirtschaftsminister Fürniß erklärt, als das Projekt auf einer Pressekonferenz der Landesregierung am 7. Februar 2001 offiziell angekündigt wurde. Seitdem waren jedoch alle Termine, bis zu denen die Gesamtfinanzierung geklärt sein sollte, verstrichen - erst der September 2001, später der 31.12.2001. Dabei hatten alle Beteiligten den hohen Zeitdruck betont, da sonst der Technologievorsprung des an Communicant beteiligten Frankfurter Halbleiterinstituts (IHP) aufgebraucht würde. Im Januar 2002 räumte Fürniß erstmals einen Zeitverzug "von 2 Monaten" ein. Die Realität sieht nach seiner "vertraulichen" Kabinettsvorlage wesentlich dramatischer aus. Zwar soll auch die Firma M + W Zander, Generalauftragnehmer für den Bau der Chipfabrik, "mit einem noch nicht quantifizierten Betrag" zu einer Kapitaleinlage bereit sein und Communicant verhandelt mit weiteren Investoren. Doch scheint völlig fraglich, dass die für 2003 geplante Inbetriebnahme gehalten werden kann: Die Gesamtfinanzierung soll laut Vorlage jetzt erst "im Laufe des Jahres" 2002 gesichert sein, womit objektiv nicht mehr vor dem Spätsommer zu rechnen ist. Der Grund: Neben dem noch fehlenden Eigenkapital wird Fremdkapital in Höhe von 650 Millionen Dollar benötigt, das zu 80 Prozent durch eine Bund-Landesbürgschaft abgesichert werden soll. Zudem soll die öffentliche Hand 300 Millionen Dollar direkte Beihilfen beisteuern, wobei diese Höhe von der Europäischen Kommission genehmigt werden muss. "Diese Entscheidungen sind im Laufe der nächsten drei bis fünf Monate zu erwarten", heißt es in dem Papier.

Als Bedingung, um seine 250 Millionen Dollar Eigenkapital fließen zu lassen, "erwartet" das Emirat Dubai, dass sich das Land oder eine dem Land nahe stehende Einrichtung "mit einem Betrag von 35 Millionen US-Dollar an der Communicant AG engagiert". Dies soll nach den Plänen von Fürniß über die Beteiligungsgesellschaft der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) abgewickelt werden, was in der Landesregierung umstritten ist. Ein Haken: "Die Beteiligung wird treuhänderisch von der ILB gehalten, d.h. im eigenen Namen auf Rechnung des Landes Brandenburg", so die Vorlage. Hinzu kommt, dass "wegen der Größenordnung des Betrages" die Fördertöpfe der "Gemeinschaftsaufgabe" (GA) und des EU-Strukturfonds EFRE in Anspruch genommen werden müssten. Dies hätte jedoch zur Folge, dass "bereits eingegangene Zahlungsverpflichtungen gegenüber der gewerblichen Wirtschaft und Kommunen verschoben" werden müssten, was Fürniß wegen der politischen Brisanz über eine Verpflichtungsermächtigung im Rahmen eines Nachtragshaushaltes vermeiden will. Nötig dafür ist die Zustimmung des Landtags-Finanzausschusses.

Erst danach kann überhaupt die Notifizierung bei der EU für die staatlichen Beihilfen offiziell beantragt werden, für die 300 Millionen Dollar veranschlagt sind. Ob die EU diese Höhe mitträgt, ist ungewiss. "Ein eventuell niedriger Beihilfesatz könnte die Notwendigkeit eines höheren Eigenkapitals und/oder Fremdkapitals zur Folge haben", heißt es in dem Papier, das auch auf Unwägbarkeiten bei der beantragten Bund-Landes-Bürgschaft hinweist: Es "könnte die Folge eintreten, dass sich bei der vorgesehenen Bürgschaft das übliche Verhältnis der Risikoverteilung (60 Prozent Bund, 40 Prozent Land) verändert" - und zwar "zu Ungunsten des Landes". Zwar ist die Bodenplatte der Chipfabrik fast fertig. "Aber die Chancen, dass die Fabrik kommt", kommentiert ein Minister, "stehen 30 zu 70."

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