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Brandenburg: Die Eigenheim-Absage

Bauminister will Abwanderung aus den Städten stoppen – und gibt Geld für Altbausanierung

Potsdam. Gegen die voranschreitende Verödung brandenburgischer Städte setzt die Landesregierung auf neue Strategien. Bauminister Frank Szymanski (SPD) forderte am Freitag die Kommunen auf, „Häuslebauer“ nicht mehr auf die grüne Wiese abwandern zu lassen, sondern mit attraktiven Eigentumswohnungen in den historischen Innenstädten zu halten. „Die Kommunen nutzen viele Möglichkeiten noch nicht aus“, sagte Szymanski dem Tagesspiegel. Nötig sei eine gezielte Auswahl und „clevere Vermarktung“ geeigneter Altbau-Immobilien.

Der Vorstoß des Ministers wird durch eine neue Studie des Berliner Instituts Empirica gestützt, die bei der „Eigentumsbildung in innerstädtischen Quartieren Brandenburger Städte“ ebenfalls Defizite sieht. Der Untersuchung zufolge hat Brandenburg mit 4,5 Einheiten je 1000 Einwohner trotz Baurezession die höchste Eigenheimbautätigkeit in Deutschland. Und bis 2015 werden, so die Studie, jährlich 7000 bis 12000 Haushalte in neu gebaute Eigenheime in Vorstadtsiedlungen oder Umland-Dörfer ziehen – mit Folgen für die Städte: zurückgehende Kaufkraft und wachsender Leerstand nicht nur in Plattenbau-Gebieten, sondern auch in den historischen Zentren.

Bereits jetzt stockt in den Stadtkernen fast überall die Sanierung. Und schon wegen der demographischen Entwicklung werden Brandenburgs Städte in den nächsten Jahren erheblich schrumpfen. So wird die Havelstadt Brandenburg nach der jüngsten Prognose 2020 nur noch 65000 Einwohner haben – 24000 weniger als 1999. Frankfurt (Oder) wird dann nur noch 59000, Cottbus nur noch 87000 Einwohner zählen. Städte wie Guben, Wittenberge und Senftenberg müssen sich auf Bevölkerungsverluste von mehr als einem Drittel einstellen. Szymanskis Überzeugung: Angesichts dieser Szenarien können es sich Brandenburgs Städte nicht länger leisten, dass weiterhin Gutverdienende abwandern und sich in den Dörfern ringsum Einfamilienhäuser bauen. Er kündigte daher schon in den ersten Interviews nach seiner Nominierung zum Bauminister Ende September an, das immer knapper werdende öffentliche Geld nicht auf aussterbende Dörfer in den dünn besiedelten Randregionen, sondern auf die Stabilisierung der Städte zu konzentrieren.

Befragungen zufolge würden nämlich 15 bis 25 Prozent der Eigenheimbauer in den Städten bleiben, wenn es dort vergleichbar attraktive Angebote gebe. Die Empirica-Studie geht in die gleiche Richtung: Für den ungebrochenen Drang zum Eigenheim seien vor allem die hohen Kaufpreise für sanierte Altbauwohnungen verantwortlich. Sie liegen zum Beispiel in Cottbus und Neuruppin um etwa 20 Prozent über denen für Einfamilienhäuser. „Eine Umlenkung der Eigentumsbildung in die innerstädtischen Altbauquartiere kann nur gelingen, wenn die hohen Sanierungskosten reduziert werden können“, schreiben die Autoren der Studie. Sie empfehlen, dass die Kommunen aus ihrem Bestand geeignete Immobilien für Eigentumswohnungen auswählen sollten, die für bestimmten Zielgruppen attraktiv sind und auf dem Markt eine Chance haben: etwa für Familien in Forst, für Ruheständler in Neuruppin oder für Pendler in Oranienburg. Um daraus attraktive Eigentumswohnungen zu machen, sollten sich die Objekte nicht direkt im Zentrum, sondern möglichst innenstadtnah, in ruhiger Lage befinden.

Und, so schlägt Szymanski vor, die Kommunen sollten die Grundsanierung möglichst selbst durchführen und die Immobilien verkaufsreif machen. So könnte das bislang oft unwägbare Sanierungsrisiko für die künftigen Besitzer minimiert werden. Die Eigentumswohnungen müssten „in Qualität und Preis-Leistungs-Verhältnis“ mit Einfamilienhäusern vergleichbar, jedoch besser als Mietwohnungen sein. Die Studie fordert auch, dass strenge Auflagen des Denkmalschutzes gemindert werden.

Zwar weisen die Empirica-Experten auf ein Problem hin, dass die Altbauförderung bislang teils komplizierter, teils unattraktiver ist als die Eigenheimzulage für Neubauten. Doch setzt hier ein spezielles Förderprogramm des Szymanski-Ressorts an: Wer sich in einem Altbau eine Eigentumswohnung saniert, kann zusätzlich zur Eigenheimzulage 12000 Euro und weiter 2400 Euro pro Kind erhalten. Im nächsten Jahr stehen dafür trotz des angespannten Landeshaushaltes rund 8,5 Millionen Euro bereit.

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