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Brandenburg: Die Moore sollen wieder ihre Schuldigkeit tun

Abflussgräben werden geschlossen, um Feuchtgebiete zurückzugewinnen. Denn die sind gut für die Wasserqualität in Brandenburgs Flüssen und Seen

Templin/Potsdam - Niedlich im herkömmlichen Sinne ist die Rotbauchunke nicht. Das Tier ist etwa fünf Zentimeter groß, gehört zu den mitteleuropäischen Froschlurchen und ist von flacher, gedrungener Gestalt. Die Hautoberfläche der Kröte ist glitschig und mit flachen Warzen besetzt, die Unterseite zieren rötlich orange Flecken. Gern hält sich die Rotbauchunke an fischfreien Kleingewässern oder Mooren auf. Ihr Ruf bezaubert an warmen Sommertagen jeden Naturliebhaber. Nur: In Brandenburg gibt es davon immer weniger. Durch die Trockenlegung von Mooren und Begradigung von Flussbetten seit dem 18. Jahrhundert schrumpft der Lebensraum der Rotbauchunke zunehmend.

Das soll sich nun ändern. Zum Beispiel in der Schorfheide. Im Rahmen des vor zwei Jahren vom Land Brandenburg ins Leben gerufenen Programms „Moorschutz im brandenburgischen Wald“ ist auch vom Amt für Forstwirtschaft Templin ein Projekt gestartet worden, mit dem ausgetrocknete und stillgelegte Moore in ihren ursprünglichen Zustand zurückgeführt werden sollen. „Durch die Renaturierungsmaßnahmen verbessert sich das Waldbinnenklima, und das hat einen elementaren Einfluss auf die Gesunderhaltung der Wälder“, sagt Heidrun Koch, Dezernatsleiterin für Naturschutz im Amt für Forstwirtschaft in Templin. Dass diese Maßnahmen überhaupt notwendig sind, liegt nicht nur an den weit verbreiteten Trockenlegungen im 18. Jahrhundert unter dem Preußenkönig Friedrich II., sondern auch an den rücksichtslosen Entwässerungen der Moore zu DDR-Zeiten. Dadurch sollten Flächen für die Landwirtschaft, Holzanbau oder Wildfütterung geschaffen werden. Letzteres vor allem für den Stasi-Chef Erich Mielke und auch Staats- und Parteichef Erich Honecker, beide leidenschaftliche Hobbyjäger.

Die ökologischen Folgen der Entwässerungen erweisen sich heute als katastrophal: Der Wasserhaushalt der Schorfheide ist erheblich aus dem Gleichgewicht geraten. Durch die Entwässerung sowie den Anbau von Monokulturen – besonders der Kiefer – ist der Grundwasserspiegel in dem Waldgebiet drastisch gesunken. „Die Rolle der Moore ist lange Zeit verkannt worden, insbesondere zur- zeit der Industrialisierung“, sagt Lukas Landgraf vom Landesumweltamt Brandenburg. Moore entziehen der überdüngten Landschaft Nährstoffe und verbessern damit die Wasserqualität von Seen und Flüssen. Zudem wirken sie als Kaltluftgebiete einer Austrocknung und Aufheizung der Landschaft entgegen.

„Viele Schäden an den Mooren sind zum Teil nicht mehr rückgängig zu machen“, sagt Oberforsträtin Heidrun Koch. In Zusammenarbeit mit Förstern, Landesumweltamt, Naturschutz- und Wasserbehörden hat sie für die Moorsanierungsprojekte eine Prioritätenliste zur Durchführung von Einzelmaßnahmen erstellt. Der „Reiersdorfer Winkel“ (seit 1989 Naturschutzgebiet) ist eines der größten Projekte. Im Anschluss an die Wasserrückhaltemaßnahmen (Rückbau und Verschluss von Gräben) wird konsequent auf die Baumartenzusammensetzung im Wassereinzugsgebiet der Moore Einfluss genommen. Nadelbäume, wie Fichte und auch Kiefer, verdunsten auch durch die Weiterführung der Assimilation in den Wintermonaten deutlich mehr Wasser als Buchen- oder Eichenwälder. „Wir haben die Hoffnung, dass in fünf Jahren eine deutliche Verbesserung zu verzeichnen ist“, so Koch.

Doch nicht immer sind so wichtige Projekte für den Landschaftswasserhaushalt möglich. Stehen die Interessen der Eigentümer dem entgegen, so sind umfangreiche Plangenehmigungsverfahren durch die oberste Wasserbehörde erforderlich. Staurechte haben Bestandsschutz. Sind Landwirte beispielsweise hinsichtlich der Bewirtschaftung ihrer Äcker oder Wiesen auf die Entwässerungsgräben angewiesen, so bedeutet die Moorsanierung eine Gefahr der mangelnden bzw. eingeschränkten Bewirtschaftung der Flächen. Ihnen müssen Ausgleichsleistungen angeboten werden, um sie als Partner zu gewinnen, sagt Heidrun Koch.

Derzeit wird im Landesumweltministerium ein neues Programm für das Jahr 2007 ausgearbeitet. „Das, was bislang gemacht wurde, sind alles Einzelmaßnahmen ohne innere Verbindung“, sagt Lukas Landgraf vom Landesumweltamt. Künftig sollen die verschiedenen Projekte aufeinander abgestimmt werden, damit eine bessere Effizienz gewährleistet werden kann. Zudem sollen die künftigen Vorhaben nicht mehr nur aus Landes- sondern auch aus EU- und Naturschutzfondsmitteln finanziert werden.

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